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Manche Behörden betteln schon um einen Erlass

FDP privatisiert - Neue Freiheiten irritieren alte Kräfte

Von Reinhard Brockmann
Bad Lippspringe (WB). Freiheit nur wünschen oder auch von ihr Gebrauch machen, das können zwei Paar verschiedene Schuhe sein. Davon berichtete die NRW-FDP am Samstag in Bad Lippspringe.

Das hohe Reformtempo stößt mitunter auf Skepsis. Ämter betteln ob neuer Freiheiten lieber um einen Erlass. NRW-Innenminister Ingo Wolf wie Fraktionschef Gerhard Papke machen derzeit gleiche Erfahrungen, je mehr neue Politik sie umsetzen.
Bei einem Empfang zum Abschluss der zweitägigen Klausurtagung der Landtagsfraktion mit Ministern, Staatssekretären und Regierungspräsidentin in Bad Lippspringe (Kreis Paderborn) wurde erste Bilanz gezogen. Die Juniorpartner in der seit neun Monaten amtierenden schwarz-gelben Koalition von Düsseldorf kündigten eine umfassende Privatisierung von Landesaufgaben an.
»Für die FDP-Landtagsfraktion hat die konsequente Sanierung des Landeshaushaltes besondere Priorität. Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist aber, dass sich Nordrhein-Westfalen von überflüssigen Verwaltungsstrukturen trennt«, sagte Papke im Gespräch mit dieser Zeitung.
»Die tun was« heiße die Devise, ergänzte Wolf und bestätigte den Auftrag, zügig zu prüfen, welche Landesaufgaben ganz entfallen, kostengünstiger durch Privatunternehmen erledigt oder in Zukunft durch die Kommunen übernommen werden könnten. Vielerlei Landesbetriebe, vor allem aber die von Bärbel Höhn geschaffenen Sonderbehörden im Umweltbereich, sowie Arbeitsschutz- und Versorgungsverwaltung gehörten auf den Prüfstand. Bevor gleich wieder Plattmacherparolen die Runde machen konnten, baute Wolf vor: Niemand werde auf die Straße gesetzt. Viele Stellen seien schlicht »künftig wegfallend«, andere Beschäftigte müssten mit neuen, aber nicht unzumutbaren Aufgaben rechnen.
Ein Aprilscherz von der vermeintlichen Zusammenlegung der Kreise Paderborn und Höxter bis 2008 kam dem Kommunalminister gerade recht. Nur ganz kurz musste Wolf tief Luft holen: Mit dem Thema ließe sich trefflich Verwirrung stiften. Alle dürften aber gewiss sein, dass auch nach der Neuordnung von fünf Regierungspräsidien und zwei Landschaftsverbänden am Ende nicht nur drei Regionalverwaltungen stünden, sondern mehr: Verwaltungshandeln werde auch 2012 in Ostwestfalen-Lippe, wie in allen anderen Landesteilen, stattfinden. Zugleich würden echte Entscheidungsebenen an die Stelle sich blockierender Genehmigungsstellen ohne Gesamtverantwortung treten.
»Nordrhein-Westfalen hat die Chance ein bundesweites Vorbild für die Verschlankung von Verwaltungsstrukturen zu werden. Diese Chance muss die schwarz-gelbe Koalition nutzen«, sagte Papke.

Artikel vom 03.04.2006