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Mit falschem Dienstausweis auf Kinderfang

Verdächtiger schon 1999 verurteilt

Von Christian Althoff
Herford (WB). Zwei Jahre, bevor Behörden dem mutmaßlich pädophilen Tischler Michael N. (46) aus Lemgo nichtsahnend zwei Pflegekinder anvertraut hatten, hatte der Mann bereits versucht, sich in Herford ein Kind anzueignen. Das wurde gestern bekannt.
Michael N: Seine Vorstrafen fielen niemandem auf.
Wie berichtet, muss sich Michael N. von Donnerstag an vor dem Landgericht Detmold verantworten. Er soll jahrelang mehrere Kinder missbraucht haben. Unter den angeblichen Opfern sind auch zwei Schwestern aus Bielefeld, die dem Tischler und seiner Lebensgefährtin als Pflegekinder anvertraut worden waren. Der Mann hatte sich gegenüber den Jugendämtern als pädagogisch erfahrener Lehrer ausgegeben und entsprechend gefälschte Zeugnisse vorgelegt.
Gestern kam heraus, dass Michael N. bereits im Februar 1999 vom Amtsgericht Herford wegen Amtsanmaßung verurteilt worden war. Damals hatte der Mann einen Dienstausweis des Jugendamtes gefälscht und damit eine Familie in Herford aufgesucht, in deren Obhut ein Pflegekind lebte. Gegenüber der Pflegemutter hatte N. angegeben, er komme vom Jugendamt Detmold und besitze eine Verfügung, die die Pflegemutter zur sofortigen Herausgabe des Kindes verpflichte. Er drohte der Frau mit einer Anzeige wegen Kindesentzuges, wenn sie sich weigere. Die Frau witterte allerdings den Betrug, da für ihr Pflegekind das Herforder Jugendamt zuständig war, und rief die Polizei. Michael N. wurde zu 50 Tagessätzen von je 50 Mark verurteilt. Angeblich hatte er das Kind aus der Familie holen wollen, um es dem leiblichen Vater zu übergeben.
Diese Vorstrafe wurde zwar ebenso wie vier weitere ins Bundeszentralregister aufgenommen. Doch als Michael N. vor der Übernahme der Pflegekinder im Jahr 2001 ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen musste, wies dies keinerlei Vorstrafen auf. Denn ein Führungszeugnis enthält nur Strafen von mehr als 90 Tagessätzen. Lediglich bei direkter Anforderung durch eine Behörde (Polizei, Ausländeramt. . .) werden alle Vorstrafen aufgeführt. So konnte Michael N. die Jugendämter täuschen und an die Pflegetöchter gelangen.
Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft soll der Tischler nicht nur jahrelang die beiden Pflegetöchter sowie die Tochter seiner Lebensgefährtin missbraucht haben. Staatsanwältin Christa Brinkforth-Pekoch hat einen vierten Fall ermittelt und zur Anklage gebracht, der von Donnerstag an ebenfalls vor Gericht verhandelt werden soll. Dabei geht es um ein acht Jahre altes Mädchen aus Bielefeld, das 1999 von seiner Mutter wegen Erziehungsschwierigkeiten zur Betreuung an Michael N. und seine Lebensgefährtin gegeben worden war. Auch dieses Kind soll im Ehebett missbraucht worden sein, als die Lebensgefährtin von Michael N. nicht anwesend war.
Der 46-Jährige bezeichnet sich als unschuldig.

Artikel vom 03.04.2006