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Jetzt bittet die Stadt zur Kasse

Verbände und Kultureinrichtungen sollen künftig mehr Miete bezahlen

Von Michael Schläger
und Bernhard Pierel (Fotos)
Bielefeld (WB). Auf Vereine, Verbände, Organisationen und kulturelle Einrichtungen, die städtische Gebäude nutzen, kommen deutliche finanzielle Mehrbelastungen zu. Denn der stadteigene Immobilienservicebetrieb (ISB) soll die Mieten nicht länger subventionieren. Der Verwaltungsvorstand hat jetzt der Umsetzung eines entsprechenden Sparvorschlags vom Sommer vergangenen Jahres zugestimmt.

Beispiel »Bielefelder Puppenspiele«: Sie nutzen Räume im Keller des Anker-Gebäudes an der Ravensberger Straße. Miete bisher: null Euro. »Nur so können wir überleben«, haben Dagmar Selje und Thomas Niekamp immer wieder betont. Doch ein marktgerechtes Entgelt für die 1500 Quadratmeter in bester City-Lage würde etwa 5600 Euro im Monat betragen.
Der ISB soll diesen Betrag künftig auch erhalten - aus dem Topf des Kulturressorts. Das wiederum soll mit den Puppenspielen eine Finanzierungs- und Leistungsvereinbarung schließen und selbst regeln, wie viel es zuschießen will. Ein »Nullsummen-Spiel« soll es nach dem Willen der Stadt möglichst bei keinem der subventionierten Mietverhältnisse mehr geben.
In 25 Fällen sollen die Mietanpassungen kurzfristig erfolgen und entsprechende Leistungsvereinbarungen geschlossen werden. Betroffen sind außer den Puppenspielen die Bürgerwache am Siegfriedplatz, der SV Brackwede, der Gadderbaumer Turnverein, die Aids-Hilfe, der Jugendring, die Drogenberatung, das Mädchenhaus, der Sozialdienst katholischer Frauen, die Stadtmission, der Falkendom, die Arbeiterwohlfahrt, der Verein Spielen mit Kindern, die Stiftung Hülsmann, die Jungen Sinfoniker, Artists Unlimited, Marineverein, Kunstverein und Kanuclub.
Mit den Nutzern weiterer 27 Immobilien bestehen langfristige Vereinbarungen, teilweise über das Jahr 2020 hinaus. Auch sie sollen aber in das neue Finanzierungssystem einbezogen werden.
Marktübliche Mieten zugrundegelegt, subventioniert die Stadt Vereine und Einrichtungen jährlich mit einem deutlich sechsstelligen Betrag. Angesichts der desolaten Haushaltslage, in der sich Bielefeld nach wie vor befindet, sollen die Mieter stärker an den tatsächlichen Kosten beteiligt werden, und die Größenordnung der Subvention soll transparenter werden. Geplant ist, mit den Einnahmen den teilweise erheblichen Renovierungsstau in den Griff zu bekommen.
Auf der anderen Seite sind die betroffenen Mieter auf die Subventionen angewiesen, um ihre Arbeit fortsetzen zu können. Vereine wie die »Bürgerinitiative Bürgerwache« und »Spielen mit Kindern« verfügen über so knappe Budgets, dass sie sich höhere Mietzahlungen eigentlich nicht leisten können.

Artikel vom 01.04.2006