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Wollte moralische Unterstützung geben: Konstantin Wecker im Camp. Foto: Schulze

»Protestcamp« in der Universität ist geräumt

Konstantin Wecker kam zum »Solidaritätsbesuch«


Bielefeld (sas). Das »Protestcamp« in der zentralen Uni-Halle ist geräumt: Gestern um 14 Uhr hat Edmund Möller, Leiter des Hochschuldezernats für Bau- und Liegenschaftsangelegenheiten, die Studierenden zum Abbau aufgefordert. Begleitet wurde er von 15 Wachleuten.
Rektor Prof. Dr. Dieter Timmermann hatte die Camper, die mit ihrer Aktion gegen die Einführung von Studiengebühren protestierten, aufgefordert, bis Freitagmittag zu räumen, diese Frist aber bis Samstag, 18 Uhr, verlängert. Grund war die angekündigte Stippvisite des Liedermachers Konstantin Wecker, der in der Tat Samstagmittag einen Solidaritätsbesuch abstattete. Nachdem aber auch der Samstagabend verstrichen war, ohne dass die fünf Studierenden, die übers Wochenende in dem großen Bundeswehrzelt und drei Igluzelten lebten, den Rückzug antraten, hatte Möller die Räumung für den gestrigen Sonntag angesetzt. Sie verlief friedlich und ohne Handgreiflichkeiten. Auch Studierende auf den Galerien mischten sich nicht ein, sondern betrachteten das Spektakel von oben.
»Wir hatten darauf gehofft, anderenfalls hätte es aber auch eine Zangsräumung gegeben«, stellte Möller klar. Die Hochschulleitung hat die Forderung nach Abbau des Camps damit begründet, dass zum heutigen Semesterstart Rettungs- und Fluchtwege freigemacht und brandgefährliche Stoffe (wie die Iglus und ein Riesentransparent) aus Sicherheitsgründen entfernt werden müssten.
»Die Hochschule hat das Camp in der vorlesungsfreien Zeit geduldet, jetzt beginnt das Semester, da muss der Betrieb aufrechterhalten werden können«, erklärte Möller. Und gerade dort, wo das Camp war - zwischen Garderobe, Mensa und Cafeteria - sei stets der größte Zulauf. Die Studenten sahen hingegen keine Gefahr durch ihr Lager: »Wir haben es verkleinert und es gibt einen 10-Kilo-Feuerlöscher«, sagt Camper Ingmar.
Völlig mussten die Studierenden ohnehin nicht das Feld räumen: Sie können weiterhin auf 16 Quadratmetern einen Infostand unterhalten, und ihr Bundeswehrzelt wird vor dem Audimax geduldet. Zehn Mann vom Wachdienst, der den Studenten beim Aufräumen zur Hand ging, trugen es an seinen neuen Platz.
»Damit kann ich aber trozdem nicht leben«, klagt Jörg Rostek, Student aus Münster und seit einigen Wochen im Camp. Da Übernachtungen künftig ausdrücklich untersagt sind, sei der Charakter des Camps nun ein anderer. Er gestand aber zu, dass die Resonanz bei den Studierenden ohnehin nicht sehr groß war: »Sie sind zu unpolitisch.«
Im Gegensatz zu Konstantin Wecker. Der hatte sich nicht lange bitten lassen: Ein Brief an ihn genügte, und er stattete dem »Camp« einen Besuch ab. Am Freitag hatte er in Hiddenhausen ein Konzert gegeben - sieben Karten hatte Wecker für Studierende aus dem Protestcamp eigens hinterlegt -, Samstagmittag besuchte er auf dem Weg nach Dortmund die Uni. Mit gut 20 jungen Leuten diskutierte er über Widerstandsgeist, liberale Eltern, Steuergerechtigkeit und natürlich Studiengebühren. »Macht regelmäßig Veranstaltungen, schreibt die Leute an, ladet Grass, Drewermann und andere Intellektuelle hierher ein«, forderte er die »Camper« auf. Zur Gitarre - diskret hinter ihm parat gestellt - griff er allerdings nicht.

Artikel vom 03.04.2006