04.04.2006
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»Was? Was ist los?«, brummte er und öffnete seine so genannten Luchsaugen. »Ich war schon wach.«
»Quatsch, Sie haben fest geschlafen.«
Ächzend erhob er sich. »Warum sind Sie noch nicht tot?«
»Verdammt, MacGillycuddy. Konnten Sie nicht eine Stunde lang die Augen offen halten?«
»Wieso, die Kamera läuft doch, oder?«, nörgelte er und zupfte sich kleine Zweige vom Rücken.
»Aufgenommen hat sie schon was«, sagte ich. »Aber ich kapierÕs nicht. Nach dem, was auf der Kassette ist, ist Frank vollkommen unschuldig. Danach steckt Mrs P hinter der Sache. Und irgendwelche Gestalten, die wie übernatürliche Wesen aussehen, haben ihr geholfen.« Ich drückte ihm die Kamera in die Hand. »Da, sehen Sie selbst.«
Er spulte das Band zurück. »Das ist ja ein Ding!«, sagte er, als er alles gesehen hatte.
»Und was mache ich jetzt? Sie glauben ja wohl nicht, dass Mrs P mit übernatürlichen Wesen im Bunde steht, oder?«
»Schwer zu sagenÉ« MacGillycuddy kratzte sich nichtssagend am Kopf.
»Scheiße, haben Sie überhaupt nichts gesehen? Sie sollten observieren, dafür bezahle ich Sie. Und, warum haben Sie nicht observiert?«
»Bei Kerzenlicht kann ich nicht observieren. Ich bin nicht Bruder Cadfael.«
»Was?«, sagte ich.
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»Ha, der alte ÝDa-TrickÜ«, schnaubte MacGillycuddy. »Da! Und da! Ha!«
»Heiligemariamuttergottes«, heulte ich, als MacGillycuddys Finger sich in meine Augenhöhlen senkten. »Da! Die Diebe! Sie sind hinter Ihnen!«
MacGillycuddy hatte zu diesem Zeitpunkt schon einen so klaren Punktvorsprung, dass er es sich leisten konnte, einen kurzen Blick hinter sich zu werfen. »Heilige Scheiße!«, brummte er und und gab mich frei.
Ich berappelte mich und keuchte: »Los, hinterher!«
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»Abend zusammen«, sagte er
»Jetzt passen Sie mal auf«, sagte ich und massierte mir den Hals. »Die Ottomane, okay, oder die Auflaufformen, geschenktÉ aber das Klavier É Ich weiß ja nicht, ob sie selbst musizieren, aber es gibt eine Art Bande zwischen einem Mann und seinemÉ«
»Ich weiß nix von Auflaufformen«, unterbrach mich der Neuankömmling. »Wollt bloß mal kurz mit Frank reden.«
»Mit Frank?« Meine Augäpfel rutschten plötzlich wieder in ihre angestammte Lage, und ich erkannte den Burschen. Das war der Wichser aus dem Pub. Tödliche Entschlossenheit loderte in seinen Augen. Er war gekommen, um Rache zu nehmen.
»Geh einfach ins Haus und frag Frank, ob er nicht mal eben rauskommen kann«, sagte der Wichser gelassen.
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»Nichts wie weg!«, sagte MacGillycuddy.
Die Tür fiel gerade hinter uns ins Schloss, als weitere wichserähnliche Gestalten zwischen den Bäumen auftauchten. Wir platzten keuchend in die Küche, wo Laura immer noch auf Frank einschwatzte und Bel Mrs P dazu überreden wollte, endlich aufzustehen. Bel schaute mich verblüfft an.
»Ich hab gedacht, du wärst im Bett. Was ist hier eigentlich los? Und wer sind Sie?«
»MacGillycuddy ist der Name, Ignatius MacGillycuddy.«
»Sind Sie nicht der Postbote?«
»Dafür haben wir jetzt keine Zeit«, mischte ich mich ein. »Die Sache ist die, dassÉ« Es klingelte Sturm.
»Das ist sicher mein Taxi.« Laura schwang sich ihre kleine Tasche über die Schulter und stolperte Richtung Tür, sodass ich gezwungen war, einzuschreiten und sie am Arm zu packen.
»Würdet ihr mir jetzt endlich mal zuhören. Die Sache ist die É das Haus wird belagert, und zwar von dem Wichser und seinen Freunden.«
»Der Kerl ist wirklich geil auf Prügel«, bemerkte Frank.
»Ja, ja, wie auch immer, ich möchte nicht, dass die Frauen da mit reingezogen werden. Also, Bel, du gehst mit Laura und Mrs P in den Keller, Frank, MacGillycuddy und ich versuchen É wo ist eigentlich MacGillycuddy?«
»Eben war er noch da.«
»Ach, zum Teufel. Also, Frank, sieht ganz so ausÉ«
»Charles.« Jedesmal wenn Bel mich anschaute, glühten ihre Wangen. »Wenn du glaubst, dass ich in den verstunkenen Keller gehe, bloß weil da draußen ein ekliger kleiner KerlÉ«
»Da ist nicht ein ekliger Kerl, da sind zwanzig von den Typen.«
»Ja, ja, ist schon gut, und was ist mit Mrs P?« Mrs Ps linker Arm hing herunter, die Faust ballte und schloss sich pausenlos. »Glaubst du wirklich, dass sie in der Verfassung ist, in einem kalten schmutzigen KellerÉ?«
»Aber für eine Tracht Prügel ist sie fit genug, oder was? Also BelÉ« Ich brach ab und spitzte die Ohren. Das Klingeln hatte aufgehört und war von einem Übles verheißenden Hämmern gegen die Haustür abgelöst worden, das sich wie eine Dschungeltrommel anhörte. Die Küchenschränke und Lampen summten wohlwollend mit.
»Vielleicht sind sie gar nicht auf Krawall aus«, sagte Laura. »Vielleicht wollen sie ja nur mal telefonieren oder sich was ausborgen oder so.«
Die in einer Flasche steckende Kerze tropfte heftig, und die Flamme warf unsere Schatten mal dahin, mal dorthin.
»Scheiße, Frank, das sind deine Feinde, geh du raus und red mit ihnen.«
»Schätze, du hast Recht. Du hast nicht zufällig irgendwo ein paar Kanthölzer rumliegen, Charlie? Oder eine Nagelpistole?«
Bel stand auf. »Das ist doch lächerlich. Ich ruf jetzt die Polizei.«
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Artikel vom 04.04.2006