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Entführtes Kind befreit

Elf-Stunden-Drama in Köln - Vier Tatverdächtige gefasst

Köln (dpa). Nach elf Stunden in der Gewalt von Entführern ist in Köln der zweijährige Sohn einer Unternehmerfamilie unverletzt von der Polizei befreit worden. Die Polizei nahm vier Tatverdächtige fest.

Die Polizei war ihnen durch Handy-Telefonate auf die Spur gekommen. Die Täter hatten vom Vater des Kindes telefonisch 1,5 Millionen Euro Lösegeld gefordert und mit dem Tod des Kindes gedroht.
Noch am späten Mittwochabend hatten die besorgten Eltern ihr Kind äußerlich unversehrt nach Stunden der Angst und Verzweiflung erleichtert wieder in die Arme schließen können. Der Vater arbeitet als Informatiker bei einem großen Kölner Sicherheitsunternehmen, dessen Geschäftsführer und Anteilseigner sein Vater ist. Die Familie war bereit, die geforderte Summe zu zahlen, doch bei der geplanten Übergabe klickten die Handschellen.
Die dramatische Entführung hatte am Mittwochmorgen ihren Anfang genommen, als zwei als Paketboten getarnte Männer an der Wohnung des Jungen in einem Mehrfamilienhaus in einem Kölner Nobelstadtteil klingelten. Die Eltern waren bei der Arbeit und die Großmutter beaufsichtigte ihren Enkel. Die beiden Männer überwältigten die 57-Jährige und fesselten sie mit Paketband. Dann ergriffen sie den Jungen und ein paar Spielzeuge und verließen den Tatort unerkannt. Die Entführer gingen laut Ermittlern professionell und ohne Hemmungen vor.
Der hilflos zurückgelassenen Frau gelang es trotz aller Aufregung, die Fesseln zu lösen. Bei Nachbarn verständigte sie die Polizei. Wenig später hatte sie einen Schwächeanfall und wurde in ein Krankenhaus gebracht. Als die Mutter mittags nach Hause kam, erlitt sie einen Schock und musste vom Notarzt behandelt werden.
Schon eine Stunde nach der Entführung ging auf dem Handy des Vaters die Lösegeldforderung ein. Die Entführer meldeten sich noch mehrmals und drohten den Tod des Jungen. Ihre Anweisungen waren klar und knapp, so als wollten sie eine Ortung verhindern. Über die Handy-Verbindungen gelang es den Fahndern schließlich, die Entführer zu orten. Um 20.00 Uhr schlugen sie zum ersten Mal zu. Im Rhein-Sieg- Kreis in Troisdorf bei Bonn stoppten sie ein Taxi, in dem einer der Entführer mit dem Jungen saß. Das Kind wurde befreit, der 24-Jährige festgenommen. Eine Stunde später gingen zwei weitere Verdächtige ins Netz - Brüder im Alter von 32 und 42 Jahren. Sie waren auf dem Weg zur geplanten Geldübergabe. Ein vierter, 33-jähriger Tatverdächtiger, wurde gestern im Zuge der Ermittlungen festgenommen.
Das Motiv der Entführung liegt, so die Ermittler, in der Lebenssituation der Verdächtigen und »ist in Arbeitslosigkeit und Überschuldung zu suchen«. Die drei am Mittwoch Festgenommenen standen nach Angaben eines Beschuldigten unter Drogeneinfluss.

Artikel vom 31.03.2006