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Gildemeister vor drei Japanern

Bielefelder behaupten Marktführerschaft -Ê Rekord-Auftragsvolumen

Von Bernhard Hertlein
Bielefeld (WB). Drei gewichtige Gründe -Êgeringe Steuerlast, extrem niedrige Zinsen und den Riesenmarkt China nebenan - sprechen eher für die japanische Konkurrenz. Trotzdem landete Gildemeister auch 2005 mit einem Anteil von 5,5 Prozent auf Platz 1 des Welt- Werkzeugmaschinenmarktes.

Den Deutschen auf den Fersen sind aber drei japanische Konzerne: Okuma, Mazak und Mori Seiki. Der Konzentrationsprozess hat sich 2005 in der Branche beschleunigt. Viele vor allem mittelständische Unternehmen flüchten unter das Dach von Großkonzernen. Dr. Rüdiger Kapitza, seit zehn Jahren an der Spitze der Gildemeister AG, setzt trotzdem weiter ausschließlich auf organisches und profitables Wachstum. Übernahmen schloss er bei der gestrigen Bilanzvorlage aus.
Auch die Aussichten für 2006 sind positiv. Mit 1,17 (Vorjahr: 1,14) Milliarden Euro erzielte Gildemeister im Vorjahr den bislang höchsten Auftragseingang in der 135-jährigen Unternehmensgeschichte. Allein auf der weltgrößten Werkzeugmaschinenmesse EMO verkauften die Bielefelder im vergangenen Herbst 451 Maschinen im Wert von 87,4 Millionen Euro und erzielten damit ihr bisher bestes Messeergebnis. Vor allem die neu entwickelten Fräsmaschinen waren stark gefragt.
Prognosen gehen davon aus, dass der Weltmarkt von 41,7 Milliarden Euro auch 2006 um etwa fünf Prozent wachsen wird. Für Gildemeister erwartet Kapitza ein neues Rekordauftragsvolumen von 1,2 Milliarden Euro. Neben Asien werde auch das Deutschland-Geschäft nach langer Unterbrechung wieder zur Steigerung beitragen.
In China erzielte Gildemeister 2005 einen Umsatz von 50 Millionen Euro, davon 12 Millionen mit in Schanghai produzierten Einstiegsmaschinen. Gegen Kopien, die unter anderem von einem Kunden hergestellt wurden, geht die AG auch gerichtlich vor.
In ganz Asien erwartet Kapitza 2006 einen Umsatz von 150 Millionen Euro. Dabei spielt Indien, das seinen Werkzeugmaschinen-Markt in zwei Jahren auf mehr als 800 Millionen Euro verdoppelte, eine wachsende Rolle. Gildemeister, das in Bangalore ein Technologiezentrum betreibt, kämpft dort mit hohen Einfuhrzöllen. Noch allerdings hegt Kapitza keine konkreten Pläne für eine weitere Auslandsproduktion in Südasien.
Die Zahl der Mitarbeiter in China soll in diesem Jahr von 400 auf 500 steigen. Größter Standort im Konzern ist Pfronten in Bayern mit 1170 Beschäftigten. Am Stammsitz Bielefeld zählt Gildemeister 820 Stellen. »Dabei kommen auf jeden Arbeitsplatz in der Gildemeister-Produktion weitere fünf Stellen bei Zulieferern in der Umgebung«, erklärte Kapitza. Die Zahl der im Service-Bereich beschäftigten Mitarbeiter erhöhte sich zwischen 2001 und 2005 von 1634 auf 1935. Die von der IG Metall geforderte Lohnerhöhung von fünf Prozent würde im Service sofort zu Preiserhöhungen führen.
Angesichts einer Verdoppelung des Jahresgewinns von 5,6 auf 13,5 Millionen Euro bei gleichzeitiger Erhöhung der Eigenkapitalquote von 25,8 auf 27,6 Prozent schlägt der Vorstand für das Geschäftsjahr 2005 eine Dividende von 0,10 Euro vor. Die Aktionäre profitieren außerdem von dem guten Börsenkurs; die Aktie, die Anfang des vergangenen Jahres für 5,20 Euro zu erhalten war, notiert derzeit bei mehr als 7,30 Euro.
Damit Gildemeister seine Vorrangstellung behält, investiert die AG jährlich etwa 45 Millionen Euro in Neuentwicklungen. Ältere Menschen könnten davon direkt profitieren, wenn künftig dritte (Keramik-)Zähne auf Gildemeister-Maschinen binnen 24 Stunden gefertigt werden könnten.
Kapitza legt Wert auf Branchenunabhängigkeit. Größter Kunde ist Bosch mit einem Auftragsvolumen von 20 Millionen Euro. 12 Prozent des Umsatzes entfallen auf die Luftfahrt-, 23 Prozent auf Auto- und Zuliefererindustrie.

Artikel vom 31.03.2006