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Einen Nostalgie-Abend lang
wieder wie 20 gefühlt

»Fehlfarben«-Konzert nahm auf eine Zeitreise mit

Bielefeld (St). Wo nimmt der Mann diese Energie her? Peter Hein fegt über die Bühne, schreit sich die Seele aus dem Leib und wirkt auch nach fast zwei Stunden schweißtreibender Live-Arbeit frisch wie bei den ersten Takten. Dabei wird der charismatische Frontman der »Fehlfarben« im kommenden Jahr auch schon 50 - und ist doch noch immer der Peter Hein, den die Musikfans bereits 1981 zu Deutschlands bestem Sänger kürten.

Damals, gleich mit ihrem Debüt-Album »Monarchie & Alltag«, begründeten die »Fehlfarben« ihren Kultstatus. Lieder wie »Es geht voran« und »Paul ist tot« wurden zu Klassikern der jüngeren Musikgeschichte. Und so ist es für Hein und seine Mitstreiter, immerhin (fast) allesamt Ikonen der deutschenÊ New-Wave-Szene der 80er wie Kurt »Pyrolator« Dahlke (Keyboards, ehemals »Der Plan«), Uwe Jahnke (Gitarre, früher »S.Y.P.H.«), Michael Kemner (Bass, ehemals »DAF« und »Mau-Mau«) und Frank Fenstermacher (Percussion, Keyboards, früher »Der Plan«), ein Leichtes, den NervÊ des Publikums beim Gastspiel im gut gefüllten »Forum« zu treffen. Kaum erklingen erste Takte altbekannter Stücke, springt der Funke über.
Doch Hein & Co. wollen keinen Nostalgie-Abend, Schwerpunkt des Abends bilden Songs der jüngeren Bandgeschichte. Kritik an diesem Konzept verbietet sich der Sänger. »Ich bestimme, wie das hier gemacht wird, und wie ich es sage, ist es gut.«
Und, keine Frage, Peter Hein macht seine Sache gut, ein Frontman alter Schule: Mal Rockstar, mal Oberlehrer, mal kokettiert er mit der (sehr guten) Schlagzeugerin Saskia von Klitzing, mal stößt er Gittarist Uwe Bauer fast von der Bühne. Auch nach sechsundzwanzigeinhalb Jahren Bandgeschichte scheint den »Fehlfarben« noch nicht die Luft ausgegangen zu sein, scheint das Touren durch die deutschen Lande noch Spaß zu machen. Der für Musiklegenden nicht ganz einfache Spagat zwischen der Bedürfnisbefriedigung des Publikums mit alten Hits ohne das Abgleiten in einen puren Oldie-Abend gelingt den »Fehlfarben« gut, ihre angestammten musikalischen Pfade verlassen sie jedoch kaum.
So ist es der Düsseldorfer Band in den vergangenen Jahren kaum gelungen, auch jüngere Fans für ihre Musik zu begeistern - zumindest, wenn man das Publikum an diesem Abend im »Forum« als Indikator nimmt. Wenngleich inzwischen leicht ergraut, hat so mancher seine alte Lederjacke, sein Punk-T-Shirt und seine Buttons hervorgeholt und sich einen Abend lang wieder wie 20 gefühlt. Ein »Fehlfarben«-Konzert ist eben doch immer auch ein Nostalgie- Abend, eine Zeitreise, egal, ob die Musiker das nun wollen oder nicht. Auch, aber eben nicht nur - und deshalb: weitermachen!

Artikel vom 01.04.2006