03.04.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Zehn Schalker können den
Hamburger SV nicht aufhalten

In einem »farbigen« Spitzenspiel ist Rot für Rafinha mitentscheidend

Gelsenkirchen (dpa). Der lange Zeit in Überzahl spielende Hamburger SV hat den Angriff des FC Schalke 04 abgewehrt und sich im Kampf um den Champions-League-Einzug einen großen Vorteil verschafft.
Die Hanseaten setzten sich gestern in einer äußerst harten und hektischen Partie mit sieben Gelben und einer Roten Karte beim Verfolger aus Gelsenkirchen mit 2:0 (0:0) durch, verteidigten ihren zweiten Bundesliga-Rang und bauten den Vorsprung auf die viertplatzierten Schalker auf sieben Punkte aus.
Vor 61 524 Zuschauern in der ausverkauften Veltins-Arena waren Rafael van der Vaart (57.) und ausgerechnet der Ex-Schalker Ailton (80.) die Matchwinner für den HSV. Die Gastgeber verloren neben den Punkten auch der brasilianische Abwehrspieler Rafinha, der nach einer Tätlichkeit die Rote Karte sah (28.).
»Mitentscheidend war sicher die Rote Karte. Wenn man mit zehn Mann 0:1 zurückliegt, wird es ganz schwer, gegen den HSV so ein Spiel noch umzudrehen«, sagte Teammanager Andreas Müller nach Schalkes erster Heim-Niederlage dieser Saison und gab zu: »Jetzt ist die Chance auf Platz zwei wohl weg.«
HSV-Coach Thomas Doll ärgerte sich über die vielen Nickligkeiten (»Es hat keinen Spaß gemacht, da zuzuschauen«), freute sich aber diebisch über den eminent wichtigen Auswärtssieg: »Wir haben das, was wir uns vorgenommen haben, umgesetzt und sind dafür belohnt worden. Meine Jungs haben das richtig gut gemacht. Das war ein Riesenschritt zum zweiten Platz, den wir verteidigen wollen.«
Drei Tage nach Schalkes 3:1-Erfolg im UEFA-Pokal-Viertelfinale bei Levski Sofia lieferten sich beide Teams von Beginn an einen offenen Schlagabtausch. Die Hausherren hatten zunächst Glück, dass Benjamin Lauth nach Sergej Barbarez' glänzendem Steilpass nur die Oberkante der Latte traf (3.). Die Gäste, bei denen neben dem Manndecker-Duo Daniel van Buyten/Khalid Boulahrouz auch Rafael Wicky (Wadenprobleme) fehlte, waren vor allem bei Kontern gefährlich. Barbarez (20.) hätte einen davon freistehend fast genutzt, scheiterte aber an Frank Rost.
Die Schalker hielten in der zunehmend ruppiger werdenden Partie voll dagegen. Lincoln (21.) scheiterte erst an HSV-Keeper Kirschstein und dann an der Latte (26.). Zwei Minuten später sah Rafinha Rot, nachdem er van der Vaart die Faust ins Gesicht geschlagen hatte. Nun kochten die Emotionen hoch, das Spiel geriet vorübergehend aus den Fugen: Eine Vielzahl an üblen Fouls und Nickligkeiten gab es hüben wie drüben. Dabei hatte HSV-Profi Timothee Atouba nach einer Rangelei mit Fabian Ernst Glück, dass nicht auch er Rot sah (37.). Erst mit dem Pausenpfiff konnten sich die Gemüter einigermaßen beruhigen.
»Hier möchte ich auch nicht unbedingt Schiedsrichter sein«, sagte Bundestrainer Jürgen Klinsmann als Beobachter zur Halbzeit. Doll reagierte auf die Unterzahl beim Gegner und schickte Ailton als dritten Stürmer aufs Feld. Und der Winter-Neuzugang hätte beinahe das 1:0 geschafft, zielte aber freistehend vorbei (50.). Sieben Minuten machte es dann van der Vaart besser: Sein geschickt angeschnittener Freistoß drehte sich an Freund und Feind und auch am verdutzten Rost vorbei ins Netz. Die Schalker stemmten sich trotz schwindender Kräfte auch zu zehnt gegen die Niederlage, doch nach Ailtons tollem zweiten Saisontreffer war der insgesamt verdiente Gäste-Erfolg perfekt. Jetzt hat Hamburg beste Karten, in der kommenden Saison in der Champions League dabei sein zu können, aber auch Schalke gibt den Kampf noch nicht auf.

Artikel vom 03.04.2006