30.03.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

»Arbeiter an Erfolg teilhaben lassen«

Auftakt einer Warnstreikwelle der IG Metall mit mehreren 100 Demonstranten in Brackwede

Von Stefanie Westing
(Text und Fotos)
Brackwede (WB). Mehrere hundert Beschäftigte der Firmen MHP und ZF Sachs sind gestern dem Warnstreik-Aufruf der IG Metall gefolgt und haben eine knappe Stunde lang ihre Arbeit niedergelegt. Die Kundgebung in Brackwede war der Auftakt einer Warnstreikwelle in Bielefeld und Umgebung, die in den kommenden Tagen ihre Fortsetzung finden soll.

Mit Trillerpfeifen und Plakaten (»Nur fair: Fünf Prozent mehr. Plus: Qualifizierung und Innovation«) machten die Teilnehmer, die aus entgegengesetzten Richtungen den Südring entlang marschiert waren und sich schließlich auf dem alten Parkplatz der Firma MHP versammelten, ihrem Ärger Luft. »Drei Verhandlungsrunden sind vorbei, und noch immer gibt es von den Arbeitgebern kein verhandelbares Angebot«, kritisierte Stefan Fuchs, Betriebsratsvorsitzender bei ZF Sachs. »Das Gezeter der Arbeitgeber hat keinen Verhandlungscharakter, nur Drohgebärden. Es heißt, wir wollen billiger werden. Weiß Martin Kannegießer eigentlich, wovon er redet?«
Die wirtschaftliche Situation der Betriebe sei gut, die Erträge 2005 ähnelten denen aus dem Boomjahr 2000. »Wer hat das Plus denn erwirtschaftet? Und was passiert in den Betrieben«, fragte Fuchs - und gab selbst die Antwort. »Wochenarbeitszeit, freiwillige soziale Leistungen werden zur Diskussion gestellt. Man greift in die Tasche der Beschäftigten und will aus deren Angst um ihren Arbeitsplatz Profit schlagen.«
Dabei, betonte Fuchs, hätten die Beschäftigten großen Anteil am wirtschaftlichen Erfolg - und wollten diesen auch in ihrem Portmonee spüren. Er forderte die Arbeitgeber auf, die »Abwärtsschraube« zu brechen: »Denn mit mehr Geld wird auch die Kaufkraft gefördert.«
Dieter Stolle, Vertrauenskörperleiter bei MHP, machte es kurz: »Ich finde es gut, dass wir heute hier Stärke zeigen«, rief er - und erntete große Zustimmung. Harry Domnik, Erster Bevollmächtigter der IG Metall in Bielefeld, erinnerte daran, dass seit zwei Jahren keine Warnstreiks mehr stattgefunden hätten: »Wir gehen nicht aus Jux und Dollerei auf die Straße. Aber das Verhalten der Arbeitgeber ist eine Zumutung, eine Unverschämtheit. Wenn bis zur nächsten Verhandlung am 6. April kein verhandlungsfähiges Angebot vorliegt, werden wir die Streiks ausweiten.«
Es nannte erneut die Forderungen der IG Metall: fünf Prozent mehr Lohn und Gehalt sowie 37 Euro mehr Auszubildendenvergütung vom 1. März an für zwölf Monate; einen Tarifvertrag zur Qualifizierung / betrieblichen Weiterbildung; die erneute Inkraftsetzung des Tarifvertrags über vermögenswirksame Leistungen.
Die Warnstreiks gehen weiter. Am heutigen Donnerstag findet in der Zeit von 9.15 bis 10.45 Uhr eine Kundgebung für Beschäftigte der Firma Miele auf der Schildescher Straße statt, von 10 bis 11 Uhr bei der Firma ThyssenKrupp Umformtechnik in Brackwede. Bis zum 3. April werden darüber hinaus weitere 16 Betriebe der Metall- und Elektroindustrie in Bielefeld, dem Altkreis Halle und in Schloß Holte bestreikt. Insgesamt rechnet die IG Metall mit mehr als 3500 Teilnehmern.

Artikel vom 30.03.2006