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Liebe nimmt andere Wege

Suzanne von Borsody und Wolfgang Stumpf im ZDF

ZDF, Sonntag, 20.15 Uhr: Der Bauunternehmer Walter Steinhoff ist einer jener Männer, die für ihren Beruf leben. Von seiner Frau lebt er getrennt, sein Sohnes interessiert ihn wenig und seiner Mutter hat er nie persönliche Fragen gestellt.

Das rächt sich nach ihrem Tod. Clara Steinhoff hat einen sehr persönlichen Letzten Willen hinterlassen: Ihr Sohn möge ihre Asche in ihrer Heimatstadt Königsberg verteilen, dem heutigen Kaliningrad. Mit dieser ausgefallenen Bitte nimmt der Film »Eine Liebe in Königsberg« seinen Anfang. Regisseur Peter Kahane (»Stubbe - Von Fall zu Fall«) lässt Walter Steinhoff mit dem Zug nach Kaliningrad reisen, angenervt und widerwillig, die Asche seiner Mutter in einer Kaffeedose versteckt. »Ostpreußen interessiert mich nicht«, brummt er. Er wollte ohnehin nie ein Flüchtlingskind sein. Noch ahnt Steinhoff nicht, dass er an der Kurischen Nehrung auf ungeahnte Wurzeln stoßen wird - und schließlich eine energische Suche nach seiner Identität beginnt. Die fiktive Geschichte, angelegt zwischen Rührstück und Komödie, ist der erste deutsche Spielfilm, der seit mehr als 60 Jahren in Königsberg gedreht wurde. Neben Stumph spielen Suzanne von Borsody und die russische Schauspielerin Chulpan Khamatova die Hauptrollen.
Im Film nimmt zuerst die junge Russin Nadeshda (Khamatova) Walter Steinhoff als Stadtführerin unter ihre Fittiche. In der Vogelwarte von Rossitten trifft er auf die Ornithologin Iris Bulatow (Borsody), die ihn magisch anzieht. Doch die Liebe nimmt schließlich andere Wege, als Steinhoff sich das vorgestellt hat.
Königsbergs schwierige Geschichte wird im Film in wenigen Nebensätzen abgehandelt. Es geht um die Verbrechen der Deutschen im Zweiten Weltkrieg und um die Untaten der russischen Sieger. Die Unterhaltung ist nicht ernsthaft gefährdet, denn im Film ist niemand wirklich böse.
So erfährt der Zuschauer alles über die Irrungen und Wirrungen der Figur Walter Steinhoff. Er bekommt nebenbei auch eine leise Ahnung von den Naturschönheiten der Kurischen Nehrung. Über die Situation der »Insel Kaliningrad«, die zwischen Russland und der EU nach Identität und Perspektive sucht, erfährt er fast nichts. »Wir wollten keine Sozialgeschichte machen«, sagt Peter Kahane.

Artikel vom 01.04.2006