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»Blaues Wunder« in
der Formel 1 hält an

Alonso siegt in Melbourne - »Schumi« scheidet aus

Melbourne (dpa). Michael Schumacher zerlegte seinen Ferrari an der Streckenmauer, irrte anschließend durch die Toyota-Box und konnte nur noch tatenlos der erneuten Triumphfahrt von Weltmeister Fernando Alonso zusehen.

Durch seinen selbst verschuldeten Unfall beim turbulenten Großen Preis von Australien platzten gestern alle Hoffnungen auf eine baldige Rückkehr an die Spitze der Formel 1. »Ich habe das sicher nicht so gut gestaltet, wie ich es hätte tun sollen. Ich bin gerutscht. Das war mein Verhängnis. Es ist halt dumm gelaufen«, sagte Schumacher niedergeschlagen.
Die Familienehre rettete Bruder Ralf: Trotz einer Durchfahrtstrafe wegen zu schnellen Fahrens in der Boxengasse raste er im Toyota nach 302,271 Kilometern mit 24,824 Sekunden Rückstand auf Renault-Pilot Alonso und McLaren-Mercedes-Mann Kimi Räikkönen auf Rang drei. Nick Heidfeld löste als Vierter Jubel im Lager des neuen BMW-Sauber-Teams aus.
Dominator Renault ist derzeit aber keiner gewachsen: Dritter Sieg im dritten WM-Lauf - so wie vor einem Jahr erlebt die Konkurrenz ihr »blaues Wunder«. Alonso holte sich im Albert Park seinen zweiten Saisonerfolg, nur in Malaysia hatte er sich als Zweiter seinem Teamkollegen Giancarlo Fisichella geschlagen geben müssen. »28 von 30 Punkten, da ist bis jetzt schon ein Traum in Erfüllung gegangen«, kommentierte der sichtlich gelöste Spanier.
Dabei musste der bis dato jüngste Titelträger, der nach der ersten von vier Safety-Car-Phase Pole-Mann Jenson Button aus Großbritannien überholt hatte, nicht einmal alles aus seinem R26 herausholen. »Es war wichtig, den Motor schon fürs nächste Rennen zu schonen«, meinte der 24-Jährige.
Nach seinem zu keiner Zeit gefährdeten Sieg in 1:34:27,870 Stunden führt der Mann aus Oviedo die WM-Wertung klar vor Fisichella und Räikkönen (beide je 14) an. Schumacher ist Vierter mit elf Punkten. Ralf Schumacher (7 Punkte) verbesserte sich auf den siebten Rang, Heidfeld (5) ist Achter und der wie schon zuletzt in Malaysia früh ausgeschiedene Nico Rosberg (Williams/2) 13. In der Konstrukteurs-Wertung liegt Renault mit 42 Zählern vor McLaren-Mercedes (23) und Ferrari (15).
Vor der Rückkehr nach Europa mit dem Ferrari-Heimrennen am 23. April in Imola will Schumacher von einem erneuten Katastrophenjahr nichts wissen. »Ich glaube nicht, dass wir über 2005 reden müssen, weil wir letzten Endes wesentlich konkurrenzfähiger sind«, behauptete der 37-Jährige nach den Plätzen zwei (Bahrain) und sechs (Malaysia). In Australien, wo sich der 84-malige Grand-Prix-Gewinner einiges erhofft hatte, war er aber bereits in der Quali als Elfter hinter hergefahren.
Im Rennen brachte der Ferrari-Fahrer dann die Reifen nicht auf Betriebstemperatur und leistete sich Verbremser. »Mit der Performance, die wir hier dieses Wochenende gezeigt haben, dürfen wir nicht zufrieden sein«, räumte er ein: »Wir müssen besser werden. Wir müssen unter allen, nicht nur unter gewissen Bedingungen schnell sein.«
»Das ist ein Wochenende zum Vergessen«, räumte Ferrari-Direktor Jean Todt ein: »Ohne Punkte nach Hause zu fahren, ist ein bitteres Gefühl.« Der erste Akt des Ferrari-Debakels fand bereits in der ersten Runde statt, als Felipe Massa nach dem Neustart des von mehreren Unfällen geprägten Rennens in einen Crash verwickelt worden war.
Überschwänglich feierte dagegen Ralf Schumacher die Rückkehr auf das Podest am Geburtstag von Technikchef Mike Gascoyne. »Auf einmal war ich Dritter, ohne zu wissen warum«, meinte der 30-Jährige, der als Sechster ins Rennen gestartet war. Nutzen konnte er vor allem aus den Safety-Car-Phasen schlagen. »Wir sind happy. Damit hat keiner gerechnet - am allerwenigsten ich«, sagte Ralf Schumacher, nachdem das japanische Team zuvor große Probleme mit den neuen Bridgestone-Reifen hatte.
Nicht minder groß war die Freude beim viertplatzierten Heidfeld und dem gesamten BMW-Sauber-Rennstall. »Für ein neues Team ist es fantastisch, mit beiden Autos in die Punkte zu fahren«, betonte der Mönchengladbacher. »Wir sind stolz darauf«, meinte BMW-Motorsportdirektor Mario Theissen. Jacques Villeneuve war im zweiten BMW-Sauber vom 19. auf den 6. Rang gefahren. Der Kanadier profitierte dabei vom Motorplatzer Jenson Buttons. Der Brite blieb auf dem fünften Rang liegend wenige Meter vor dem Ziel stehen, wurde als Zehnter gewertet.
Einen Dämpfer musste Rosberg hinnehmen. Nachdem in Malaysia der Motor geplatzt war, wurde er in Australien in den Unfall mit Massa und dem Red-Bull-Piloten Christian Klien verwickelt.

Artikel vom 03.04.2006