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Fahnder sitzen
im Gerichtssaal

Profidiebe: Angeklagter gesteht

Von Uwe Koch
Bielefeld (WB). Noch tappt die Mordkommission »Kanal« im Fall des getöteten Kaufmanns Karsten G. (28) im Dunkeln, doch vor dem Landgericht Bielefeld hat sich einer seiner Komplizen zu einem Geständnis aufgerafft: Der erst 20-jährige Sascha W. aus Minden - er ist der Halbbruder des Getöteten - hat einen der drei Angeklagten massiv belastet.

Als die Leiche des bei einer Mindener Autofirma angestellten Karsten G. am 15. August 2005 in der Weser bei Petershagen gefunden worden war, löste das umfangreiche Ermittlungen aus: Die Mordkommission konzentrierte sich bei ihrer Fahndung auf die Suche nach dem verschwundenen Audi A 3 und das Umfeld. Der Wagen wurde zehn Wochen danach aus dem Weser-Seitenkanal geborgen. Karsten G., der mit zwei Schüssen in den Kopf gefunden worden und in Mafia-Manier mit Gewichten und in Draht gewickelt versenkt worden war, hatte dubiose Bekannte gehabt.
Erst Wochen später stellte sich heraus, daß der Kaufmann Mitglied einer Diebesbande war, die sich auf die perfekte Begehung von Eindruchdiebstählen in Ostwestfalen, Niedersachsen und Hessen spezialisiert hatte. Festgenommen wurden schließlich der Bad Oeynhausener Carsten B. (41), der den Fahndern in mehrerer Hinsicht als verdächtig galt: Er soll als Kopf der Bande, die Möbel, Werkzeuge, Bekleidung und Navigationsgeräte im Gesamtwert von 225 000 Euro entwendet haben soll, bei allen elf »Brüchen« beteiligt gewesen sein. Der Bielefelder Komplize Johannes B. (43) sitzt vor der Jugendkammer des Landgerichts Bielefeld wegen Beteiligung an vier Taten, Sascha W. schließlich gestand der Polizei zehn Einbrüche.
Dieses Geständnis wiederholte der 20-Jährige gestern vor den Richtern. Sein Halbbruder habe ihm die Teilnahme schmackhaft gemacht. Karsten G. habe sich zu den Diebstählen entschlossen, weil er geliehene 25 000 Euro fehlinvestiert habe. Sascha W. bezeichnete gestern den Mitangeklagten Carsten B. dagegen zweifellos als den Kopf der Bande.
Der 41-jährige vorbestrafte Räuber habe zu den Taten klare Anweisungen gegeben, wie sich die Komplizen zu verhalten hatten. Dabei wurden Sicherheitsvorkehrungen getroffen, die selbst für die hartgesottenen Ermittler absolutes Neuland waren und die in ein Lehrbuch für Einbrecher gehörten.
Obwohl sich Rechtsanwalt Andreas Wiesmann gestern massiv gegen Unterstellungen zur Wehr setzte, sein Mandant Carsten B. könne auch der Mörder des getöteten Kaufmanns Karsten G. sein, sitzen weiterhin Mitglieder der Mordkommission als Beobachter im Gerichtssaal. Sie erhoffen sich aus den Aussagen Aufschlüsse für weitere Untersuchungen.

Artikel vom 29.03.2006