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Ein Mozartopfer packt aus

Leopold Altenburg im Solostück »Die Entzauberflöte«

Von Uta Jostwerner
Bielefeld (WB). Das Leben ist unlustig. Jedenfalls für Papageno, der seit mehr als 200 Jahren in jeder Vorstellung von Mozarts Oper »Die Zauberflöte« stets »lustig, heißa, hopsassa« den singenden Piepmatz-Dealer gibt. Die Nase gestrichen voll von dem Job, sitzt er mit der Absicht, die nächste Vorstellung durch einen Streik platzen zu lassen, in seiner Garderobe und plaudert aus dem Nähkästchen.

Leopold Altenburg alias Papageno packt aus in dem Solostück »Die Entzauberflöte« von Thomas Rau. In einem pointenreichen Monolog - wenn er nicht gerade im Dialog mit dem Theaterlabor-Publikum steht, das sich am Pförtner vorbei heimlich in seine Garderobe geschlichen hat - räumt Papageno auf mit kostbar gepflegten Illusionen, die sich um die 1791 uraufgeführte Oper ranken.
Wortreich und äußerst unterhaltsam verschafft sich der Gebeutelte Luft, vermittelt in Wahr- und Halbwahrheiten Hintergrundinformationen, legt die Brüchigkeit und Unlogik des Werkes offen und enthüllt die Krisen und Kräche hinter der Bühne einschließlich der Psychomacken seiner Kollegen, die sich in 200 Jahren der Zwangsgemeinschaft eingeschlichen haben.
»Machst es halt, die fünf bis sechs Mal«, hatte er sich bei der Uraufführung noch gedacht, nicht ahnend, dass das Werk so einschlagen würde. »Die Koartn verkaufen sich wie die warmen Semmeln. Die Zauberflöte ist a Goldscheißer«, grantelt Altenburg, der gebürtige Grazer und Absolvent der Schauspielschule Wien in perfekter Mundart.
Dabei sei die Handlung banal: »Lonley boy trifft lonely girl. Das Ganze spielt in besseren Kreisen und bevor sie sich kriegen, müssen sie einen Ehetest bestehen.« Die Dummschwätzer der Feuilletons hätten von all dem freilich keine Ahnung. Und in Wahrheit sei die Zauberflöte eine »elende Schinderei« und Pagageno, der sich Abend für Abend mit Hopsassa zum Affen mache, passe in jede Comedy-Show.
Mal aufbrausend, mal wütend, mal traurig, mal trotzig steigt Leopold Altenburg in die Gefühlswelt seines Alter ego ein und präsentiert eine tragisch-komische Figur, die in leidenschaftlicher Hass-Liebe zu ihrem Schicksal entbrannt ist. Und dann sind da noch die Kollegen, mit denen er sich herumschlagen muss: Die Königin der Nacht mit ihrem Alkoholproblem, Sarastro, der privat ein übler Kotzbrocken ist, sowie der geistig unterbelichtete Tamino, der die Freimaurer für Selbständige im Baugewerbe hält. Schließlich entlarvt er auch noch das Libretto Emanuel Schikaneders als frauenfeindlich und lüftet genüsslich das Geheimnis um Mozarts ungeklärten Tod.
Mit Charme und Einfühlungsvermögen serviert Altenburg die witzig-intelligente Vorlage des Stückeautors Rau, singt mit enormer Wandlungsfähigkeit die wichtigsten Arien und Gassenhauer der Oper und erweist sich einmal mehr als schlagfertiger Comedian, der im Kontakt mit dem Publikum erst so richtig zur Höchstform aufläuft. So sorgt Leopold mal ausnahmsweise ohne Wadowski für einen höchst vergnüglichen Abend und setzt im Mozart-Jubeljahr zugleich einen erfrischenden Kontrapunkt zum weihevollen Gedenken.
Eine weitere Vorstellung gibt's am Sonntag, 23. April, 20 Uhr, im Theaterlabor. Kartenreservierung unter Telefon 2 70 56 07

Artikel vom 28.03.2006