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Der hohe Norden taut auf

WM-Paten (Folge 16): Schwedin Brith Lemke treibt Sport aus Leidenschaft

Von Hanne Reimer und
Wolfram Brucks (Foto)
Büren (WB). Das könnte ein echter Gewissenskonflikt für Brith Lemke werden: Wem wird sie wohl die Daumen drücken, wenn die schwedische Nationalmannschaft bei der Fußball-Weltmeisterschaft gegen die deutsche spielen sollte? »Das dürfen Sie eine Schwedin doch nicht fragen«, sagt die 55-Jährige, die seit mehr als 30 Jahren in Büren lebt. »Schweden natürlich!« Doch sofort fügt sie hinzu: »Ich hoffe einfach für beide Mannschaften das Beste.«

Zwar ist sie keine begeisterte Bundesliga-Zuschauerin, dennoch ist für Brith Lemke klar: Bei Europa- oder Weltmeisterschaften wird im Fernsehen Fußball geschaut: »Das interessiert mich natürlich.« Wie könnte es auch anders sein bei einer Frau, die von sich selbst sagt: »Andere Menschen treiben Sport, um gut zu leben. Ich lebe für den Sport.«
In ihrer Jugend in Schweden betrieb sie Skilanglauf als Leistungssport, lernte im schwedischen Trainingslager auch ihren späteren Ehemann Friedhelm Lemke kennen. Der Liebe wegen folgte die gelernte Sportlehrerin, die auch als Trainerin für den Westdeutschen Skiverband tätig war, ihrem Mann vor mehr als 30 Jahren ins Bürener Land.
Das Einleben in Deutschland sei nicht immer einfach gewesen: »Die deutsche Sprache ist ziemlich schwer zu lernen.« Und auch die Mentalitäten der Deutschen und der Schweden seien recht unterschiedlich. Doch auch hier profitierte Brith Lemke von ihrer Sport-Leidenschaft: »Dadurch lernt man Menschen schnell kennen.« Als selbstständige Sportlehrerin bietet die 55-Jährige heute neben Aerobic, Gymnastik, Rückenschule, Lauftherapie und vielem mehr auch Nordic-Walking an. »Das kenne ich ja schon aus meiner Jugend«, erzählt sie. Denn ursprünglich war das schnelle Gehen mit Stöcken einmal als Sommer-Training für Skilangläufer gedacht.
Obwohl Fußball nicht zu den Sportarten gehört, in denen sie selbst aktiv ist, wird bei der WM im Hause Lemke - zur Familie gehören zwei erwachsene Söhne - am Fernseher mitgefiebert. Und das, da ist Brith Lemke sicher, wird auch in den meisten schwedischen Haushalten so sein. »Zwar werde der Fußball in Schweden nicht ganz so wichtig genommen wie in Deutschland, weiß sie. »Doch der Stellenwert ist in jüngster Zeit schon gewachsen, eigentlich kann fast jeder mitreden.«
Ein Grund dafür sei sicherlich auch die Qualifikation für die Weltmeisterschaft gewesen, über die sich die Schweden sehr gefreut hätten. »Auch bei der Europameisterschaft haben wir gut abgeschnitten«, sagt die Wahl-Bürenerin. »Es gibt schon einige starke Spieler in der schwedischen Mannschaft.«
Eine Prognose, wie die letztlich abschneiden wird, traut sie sich jedoch nicht zu. Ebenso wenig wie für das deutsche Team. »Man muss abwarten«, meint sie. »Schließlich ist immer auch Glück dabei.«
Allerdings hofft Brith Lemke sehr, dass die Deutschen als Gastgeber nicht allzu früh ausscheiden: »Das wäre bestimmt nicht gut für die Stimmung im Land.« Trotz der Misserfolge und Querelen, die der Nationalmannschaft vor der Weltmeisterschaft zu schaffen machen, tröstet sie: »Das muss für die WM ja nichts heißen. Die Deutschen waren vor wichtigen Turnieren schon oft ziemlich schlecht und haben dann doch noch gut abgeschnitten. Die Schweden übrigens auch.« Dann kann ja eigentlich nichts schief gehen, wenn die beiden Teams - frühestens im Achtelfinale ist das möglich - aufeinander treffen. Brith Lemke, soviel jedenfalls ist jetzt schon klar, wird so oder so mit dem Ergebnis gut leben können.

Artikel vom 13.04.2006