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Julia Timoschenko will neue Regierung bilden.

Orange-Bündnis vor Neuauflage

Ukraine: Timoschenko und Juschtschenko können Koalition bilden

Kiew (Reuters). Nach dem guten Abschneiden ihres Blocks bei der ukrainischen Parlamentswahl will die frühere Ministerpräsidentin Julia Timoschenko eine Neuauflage des Regierungsbündnisses mit den Kräften der Orangenen Revolution.
Als stärkste Partei aus der Wahl vom Sonntag war Teilergebnissen zufolge zwar die pro-russische Partei der Regionen des Ex-Ministerpräsidenten Viktor Janukowitsch hervorgegangen. Timoschenkos Block könnte dennoch gemeinsam mit der liberalen Partei »Unsere Ukraine« von Präsident Viktor Juschtschenko und den Sozialisten die notwendige Mehrheit für eine Koalition zusammen bekommen.
Juschtschenkos Lager reagierte gestern jedoch verhalten auf das Vorhaben Timoschenkos, die sich mit dem Präsidenten überworfen hatte. Der Präsident werde erst dann Koalitionsverhandlungen aufnehmen, wenn die amtlichen Ergebnisse vorlägen, teilte sein Büro mit. Dies könnte noch einige Tage dauern. Timoschenko hatte bereits erste Sondierungsgespräche mit der liberalen Partei Juschtschenkos und den Sozialisten angekündigt.
Das Wahlbündnis Timoschenkos liegt Zwischenergebnissen zufolge knapp hinter der Partei der Regionen. Die Partei Juschtschenkos wurde von den Wählern abgestraft und muss sich den Prognosen zufolge mit Rang drei zufrieden geben. Janukowitsch erklärte seine Bereitschaft, mit allen im Parlament vertretenen Parteien Koalitionsverhandlungen zu führen. Timoschenko und Juschtschenko sind die Symbolfiguren der Orangenen Revolution vor 15 Monaten, die mit Massenprotesten der Bevölkerung eine Wiederholung der manipulierten Präsidentenwahl Ende 2004 erzwang.
Damals war Juschtschenko gegen Janukowitsch angetreten. Juschtschenko entschied die Präsidentenwahl schließlich für sich und machte Timoschenko zur Regierungschefin. Im September kam es allerdings zum Bruch: Der Präsident entließ die Regierung unter der charismatischen Politikerin mit dem geflochtenen Haarkranz. Vier Monate später sprach das Parlament der neu gebildeten Regierung im Streit um das Gasabkommen mit Russland das Misstrauen aus. Hinter dem Votum stand Timoschenko.
Sie erklärte gestern, die liberalen Kräfte hätten sich bereits praktisch auf eine Koalition verständigt, um an die Erfolge der Orangenen Revolution anzuknüpfen. Die 45-Jährige deutete an, für sich den Posten der Regierungschefin zu beanspruchen. Gleichzeitig kündigte sie an, das jüngst abgeschlossene Abkommen mit Russland, das die Erdgaspreise in der Ukraine fast verdoppelt hat, wieder aufzukündigen.
Ein Sprecher des Präsidenten erklärte dazu: »Es ist logisch, Gespräche über eine Koalition dann aufzunehmen, wenn die offiziellen Ergebnisse vorliegen. Das ist die Position des Präsidenten.«
Die insbesondere im Osten und Süden beliebte Partei der Regionen hatte am Sonntag nach Aszählung von etwa 30 Prozent der Stimmen 26,8 Prozent der Stimmen auf sich vereinen können, der Block Timoschenkos 23,7 Prozent und die Partei des Präsidenten 16,5 Prozent. Die Sozialisten lagen bei 7,2 Prozent.

Artikel vom 28.03.2006