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Die Klimbims: Sie leben die Erinnerung

Gastspiel in Brackweder Realschulaula mit (fast) originaler Besetzung begeisterte nicht nur

Brackwede (ho). 30 Jahre nach ihrem erfolgreichen TV-Start feierte sie fröhliche Auferstehung, dieses Mal im Theaterstück: »Die Klimbim-Familie«. Und sie lebt, wie Autor Horst Jüssen, selbst Beteiligter von »damals« und Autor des Stückes, titelte.
In der Aula des Brackweder Realschule fand das Gastspiel - bis auf die erkrankte Elisabeth Volkmann - in der (fast) Original-Besetzung den Beifall des Publikums. Auch wenn man sich bei dem ein oder anderen Kalauer mitunter gewünscht hätte, die hölzernen Särge der Grufties hätten sich besser nicht geöffnet.
Aber immerhin: Nachdem sie den knarrenden Holzkisten, aufgereiht im Wohnzimmer mit dem Charme der 70er Jahre, entstiegen waren, zeigten sich die Klimbims sehr schnell lernfähig, wussten Euro und Cent, Rentenreform und Hartz IV und andere Errungenschaften der Neuzeit sehr wohl mehr oder weniger gekonnt in den Dialogen unterzubringen. Der Wiedererkennungswert jedenfalls war groß.
Egal, ob nun Opa von Klimbim (Wichart von Roëll), dessen (Ehe-) Männer verschleißende Tochter Jolanthe von Scheußlich (Gisela Ferber), Ehemann Nr. 11 Adolar von Scheußlich (Horst Jüssen), die nie erwachsen werden wollende zahnlückenbewehrte Göre Gaby von Klimbim (Ingrid Steeger) oder der in Multifunktionsrollen als Bestattungsunternehmer, Steuerfahnder, Hausbesitzer und Callgirlring-Chef auftretende Martin Zuhr - sie alle waren sich ob der Situationskomik des Publikums-Beifalls sicher.
Weniger komisch die Kalauer. Kostprobe gefällig: »Wenn ein Mann einer Frau die Autotür aufhält, ist entweder die Frau neu oder das Auto.« Haha, selten so gelacht. Die Zeiten sind eben andere geworden, nicht mehr zu vergleichen mit jenen, in denen die Anarcho-Familie das Fernsehvolk mit gepflegtem Blödsinn vor die Flimmerkisten lockte und als »Straßenfeger« eine ganze Nation in ihren Bann zog.
Geblieben sind in der von Horst Jüssen verfassten chaotischen Komödie die markig-militärischen Sprüche des militanten Opas, der damit Zucht und Ordnung wiederherstellen will, die in ihrer Entwicklung im Strampelanzug stecken gebliebene Gaby, überzeugend verkörpert von Ingrid Steeger, die »männermordende« Jolanthe von Scheußlich und deren Ehemann Adolar. Die Begründung für seine Rolle als Bestattungsunternehmer lieferte Martin Zuhr frei Haus: Er wolle nach dreißig Jahren endlich die Bestattungskosten für die totgeglaubte Klimbim-Familie eintreiben.
Zum Brüllen komisch war es nicht, das Revival in Theaterversion der einst so erfolgreichen Kult- und Klamauk-Sendung. Ein ganz netter Theaterabend aber war es allemal. Auch wenn Ingrid Steegers Wiedererkennungslied »Dann mach ich mir Ônen Schlitz ins Kleid und findÔ es wunderbar« so recht keinen mehr vom Theaterstuhl reißen wollte. Aber was gibt Autor Horst Jüssen dem geneigten Publikum mit auf den Weg: »Werden Sie ruhig ein wenig nostalgisch, lachen Sie hin und wieder unter ihrem Niveau und vergessen Sie, dass die Bevölkerung dieses Landes fast nur aus Intellektuellen besteht. Irgendwie ist das ganze Leben lautes Treiben, überflüssige Aufregung und mit unnützem Beiwerk versehen. Mit einem Wort: Klimbim.« Dem wäre nichts hinzuzufügen. . .

Artikel vom 28.03.2006