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Von Michael Schläger

Bielefelder
Optik

Macht und Einfluss


Im Herbst endet mit der Amtszeit des jetzigen Kultur- und Rechtsdezernenten Rainer Ludwig eine Ära im Bielefelder Rathaus: 16 Jahre wird er dann dem Beigeordnetengremium angehört haben, so lange wie kein anderer an der Verwaltungsspitze. Und kaum einer ist auch so umstritten wie er.
Ludwigs größter Vorteil ist gleichzeitig sein größtes Handicap. Er hat seine Funktion stets als eine politische verstanden und sich weniger als Beamter gesehen. Er hat oft hinter den Kulissen agiert, Zweck-Allianzen geschmiedet, er wurde zum politischen Stehaufmännchen. Manches hat er geschickt abgewickelt wie den ersten Teil des Schüco-Arena-Ausbaus, manches lief mit großem öffentlichen Getöse ab wie die Auseinandersetzung um die Drogenanlaufstelle.
Am Ende steht das CDU-Mitglied Ludwig, das von der Bürgergemeinschaft aus Frankfurt nach Bielefeld geholt worden war, jedoch ziemlich isoliert da. Die BfB hat er inzwischen verlassen. Mit dem CDU-Oberbürgermeister, dessen offizieller Stellvertreter er ist, verbindet ihn bekanntermaßen kein inniges Verhältnis. Ohne Hausmacht gibt es auch keine Chance auf Wiederwahl, und so wird Ludwig wohl mit 58 in Pension gehen.
Sein Ausscheiden dürfte aber auch zum Problem für alle Ratsfraktionen werden. Denn die hatten sich darauf verständigt, das Beigeordnetengremium, gewissermaßen das Kabinett des Oberbürgermeisters, mit Ludwigs Weggang von derzeit fünf auf vier Beigeordnete zu verkleinern. Wenn die Grünen es jetzt bei der Zahl fünf belassen wollen und selbst Anspruch auf einen Spitzenposten erheben, verlassen sie damit ihre eigenen Sparpositionen, die sie in der Vergangenheit oft sehr viel deutlicher besetzt hatten als die beiden großen Fraktionen.
Auch den Grünen geht es um Macht und Einfluss, um Spitzenposten, von denen sie nach der verlorenen Landtagswahl in NRW und dem Ende von Rot-Grün in Berlin nicht mehr allzu viel besetzen können. In der »Posten-Frage« sind sie längst da angekommen, wo sich die anderen Parteien seit langem befinden.
Ihr Joker: Alle Fraktionen stecken derzeit in einer großen Haushaltskoalition, und die SPD setzt bei der nächsten Wahl wieder auf Rot-Grün. So darf man gespannt sein, welches Personalpaket da hinter den Kulissen in den kommenden Monaten geschnürt wird und wer welches Zugeständnis vielleicht auch in ganz anderen Fragen macht.
So ein Ränkespiel wäre sicher auch ganz nach dem Geschmack eines Rainer Ludwig. Aber seine Zeit im Bielefelder Rathaus scheint endgültig abgelaufen zu sein.

Artikel vom 25.03.2006