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Beamte finden Nacktfotos auf
ihrem Computer

Absender ermittelt - Opfer klagt

Von Christian Althoff
Bielefeld (WB). 31 Beamte der Justizvollzugsanstalt Bielefeld haben per E-Mail ein Nacktfoto erhalten, das die Frau eines Kollegen zeigt. Absender war augenscheinlich die Frau selbst. Erst die Kripo konnte den tatsächlichen Urheber ermitteln - es war ein Nachbar.

Ein Justizvollzugsbeamter und seine Frau hatten ihren Nachbarn gebeten, ihnen beim Einrichten eines E-Mail-Postfachs zu helfen. Der Nachbar nahm die entsprechenden Einstellungen am Computer der Eheleute vor und riet der Frau, aus Sicherheitsgründen das Passwort zu ändern.
Das versäumte sie jedoch. Als der Nachbar nach einiger Zeit versuchsweise das Codewort an seinem eigenen Computer eingab, landete er im Postfach der 40-Jährigen. »Ich stöberte in ihren E-Mails und entdeckte, dass die Frau offenbar vorhatte, einen Begleitservice zu eröffnen«, gab der Nachbar an. Unter einem Phantasienamen schickte er der Frau mehrere E-Mails und gab vor, an einem Treffen mit ihr interessiert zu sein. »Sie antwortete und schickte mir sogar ein Nacktfoto von sich«, erinnert sich der Nachbar. Zu einem Treffen sei es aber nie gekommen.
Als der Nachbar zur Jahreswende 2004/2005 erneut ins E-Mail-Postfach der Frau sah, waren dort Neujahrsgrüße eingegangen, die ein Vollzugsbeamter an seine Kollegen geschickt hatte. Der Nachbar schrieb nun eine E-Mail mit dem Text: »Hallo, ich habe Fotos von mir gemacht. Was meinst du, kann ich die wohl verkaufen?« Er ergänzte die Nachricht mit einem Nacktfoto der Frau und schickte sie unter dem Absender der Ehefrau los - an alle 31 Empfänger, die in der E-Mail mit den Neujahrsgrüßen gestanden hatten.
In der Justizvollzugsanstalt hatte der peinlich berührte Ehemann seine Not, die Kollegen davon zu überzeugen, dass seine Frau die E-Mail nicht verschickt hatte. Niemand glaubte ihm, denn als Absender war zweifelsfrei die E-Mail-Adresse der 40-Jährigen zu lesen. Schließlich erstattete der Mann Strafanzeige gegen Unbekannt. Im Zuge der Ermittlungen beschlagnahmte die Kripo auch den Computer des Nachbarn - und hatte damit den Täter überführt.
»Das ganze war ein Versehen. Ich wollte die E-Mail eigentlich nur an den Ehemann schicken, um ihm zu zeigen, was seine Frau für Fotos besitzt«, gab der Nachbar zu. Das Strafverfahren gegen ihn wegen Veränderung von Computerdaten stellte das Gericht unter dem Aktenzeichen 56 JS 277/05 gegen 70 gemeinnützige Arbeitsstunden ein, die der Beschuldigte in einem Altenheim leistete.
Das Ehepaar fordert nun in einem Zivilprozess mindestens 2000 Euro Schmerzensgeld von dem Nachbarn. Eine Amtsrichterin regte in dieser Woche einen Vergleich in Höhe von 2000 Euro an, doch der Nachbar lehnte ab. »Ein so hohes Schmerzensgeld steht in keinem vertretbaren Verhältnis zu dem, was ich getan habe. Ich warte jetzt das Urteil ab«, sagte er am Freitag.
Sein Anwalt Carsten Ernst (Bielefeld) rät allen Internetnutzern, sich diesen Fall eine Warnung sein zu lassen: »Wer einmal ein Foto per E-Mail verschickt oder ins Internet stellt, kann das nie wieder rückgängig machen und muss für immer mit der möglicherweise weltweiten Verbreitung leben.«

Artikel vom 25.03.2006