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Menschen in
unserer Stadt
Helga Gollub
Rentnerin

Ückermann? »Ückermann kennt kein Mensch mehr - aber da hab ich gelernt!« In dem kleinen Betrieb, ganz in der Nähe von »Wein Ellermann«, wurde Helga Gollub Näherin. »Aber wie's so kommt: Heirat, Kinder - der Beruf rückt weit weg.«
Aber nachdem die Tochter flügge war, wollte die Gadderbaumerin, die in Hoberge aufwuchs, wieder hinaus ins Leben. »Ich habe 22 Jahre lang bei Ostmann Gewürze abgefüllt«, erzählt die 73-Jährige. Dort hatte sie ihre eigene Maschine, »und da machte die Arbeit Spaß.« Vor allem das multinationale Flair der Belegschaft gefiel ihr.
Als allerdings die Firma verkauft wurde, verschlechterte sich das Betriebsklima in dem Maße, in dem die Angst um den Arbeitsplatz wuchs. »Zum Schluss konnte ich nicht einmal mehr essen« - Helga Gollub schaudert's noch heute bei der Erinnerung. Doch nun geht's wieder bergauf, nach zwei schweren Operationen muss die zierliche Frau, wie sie selbst schmunzelnd zugesteht, »wieder ein bisschen Fleisch auf die Rippen kriegen«.
Das würde Helga Gollub leichter fallen, wenn es im Wilhelm-Augusta-Stift, in dem die aufgeweckte Seniorin tagesbetreut wird, Durcheinander gäbe. Durcheinander? »Kennt auch kein Mensch mehr: Eintopf natürlich!« Ach, so ein Durcheinander . . . Beim Gedanken an ein deftiges Linsengericht schnalzt Helga Gollub genießerisch mit der Zunge.
Aber dass im Stift am Lipper Hellweg die Musik eine große Rolle spielt, ist schön. »Ich hör ja schon gleich morgens Radio Niedersachsen, mag Schlager und bin ein Fan von Andrea Berg.« Auf Spaziergänge und die Ausflüge, die Helga Gollub und die Gruppe bis ins Sauerland führen, freut sie sich ebenfalls sehr.
Außerhalb des Stifts versorgt sie sich selbst, und manchmal schaut der Enkel - »der ist momentan Zivi im Klösterchen« - bei Oma vorbei. Die sitzt dann schon mal vorm Bildschirm, denn »wenn Schumi fährt, muss ich das sehen!« Und Fußballänderspiele? »Die auch, aber ich merk schon früh, wenn die verlieren, dann schalt ich um, bevor es wieder so ein blamables 1:4 wie gegen die Italiener gibt.«
Spricht's und steckt sich eine an. Darf sie denn rauchen? »Was heißt hier: dürfen? Ich muss!« Matthias Meyer zur Heyde

Artikel vom 29.03.2006