24.03.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Schöffin behält
ihre Aufgaben

Gericht: Kopftuch-Streit beendet

Bielefeld (uko). Der Kopftuchstreit am Landgericht Bielefeld ist beigelegt: Eine für Schöffensachen zuständige Strafkammer hat entschieden, die türkischstämmige Laienrichterin nicht aus der Schöffenliste zu streichen. Dafür gebe es nach dem Gesetz keine Handhabe.

In einer Verhandlung vor dem Landgericht hatte sich am 24. Januar eine Laienrichterin geweigert, während der Verhandlung ein Kopftuch abzulegen. Kammervorsitzende Jutta Albert hatte seinerzeit auch die nur ungenügenden Deutschkenntnisse der Frau bemängelt, ein weiterer Richter und der andere Schöffe hatten später diesen Eindruck Alberts bestätigt. Nach dem von der Verteidigung akzeptierten Ausschluss der Laienrichterin war der Prozess mit einer Ersatzschöffin fortgesetzt worden.
Jutta Albert hatte die Anregung an die für Schöffensachen zuständige 2. Strafkammer gerichtet, ob die Schöffentauglichkeit der Frau gewährleistet sei. Im übrigen hatte die gebürtige Türkin Sezgin K. selbst darum gebeten, von der Schöffenliste gestrichen zu werden.
Die 2. Strafkammer stellte fest, dass kein verpflichteter Schöffe auf eigenen Wunsch von der Schöffenliste entfernt werden könne. Zudem war die Frau zweimal vergeblich zu einer Stellungnahme aufgefordert worden. In einem persönlichen Gespräch stellten die Richter nun am 15. März fest, Sezgin K. rede »fließend und unter Verwendung des deutschen Satzbaus auch grammatikalisch richtig«.
Indes gebe es keine Kleiderordnung für Schöffen, »die an das Tragen religiöser Symbole anknüpft«. Es bleibe daher »eine Frage des Einzelfalles, ob künftige Beteiligte an Strafverfahren aus ihrer Sicht und unter Berücksichtigung des Verfahrensgegenstandes das Misstrauen gegenüber der Unparteilichkeit der Schöffen hegen und gegebenenfalls einen Ablehungsgrund einbringen«. Damit hatte die Strafkammer den seinerzeitigen Ausschluss auch nachträglich sanktioniert.
Mangels einer gesetzlichen Regelung gebe es für diese Schöffin keinen Ausschlussgrund, denn das Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) ergibt in Kombination mit der Strafprozeßordnung (StPO) keine entsprechende Maßgabe. - In Baden-Württemberg ist eine Gesetzesvorlage, die einen Ausschluss wegen des Tragens religiöser Symbole in Gerichtsverhandlungen vorsieht, in den Landtag eingebracht worden. Az. 3221 b EH 68

Artikel vom 24.03.2006