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»Turbo-Disl«
läuft nicht mehr

Biathlon-Königin will Kinder

Oslo (dpa). Deutschland verliert eine populäre Vorzeige- Sportlerin: Uschi Disl beendet ihre erfolgreiche Biathlon-Karriere. »Es ist offiziell, am Sonntag ist mein letzter Wettkampf«, erklärte die Rekord-Medaillensammlerin und deutsche Sportlerin des Jahres 2005 gestern nach ihrem 23. Platz beim Sprint-Weltcup in Oslo.

Der Massenstart-Wettbewerb am Holmenkollen wird damit das letzte Rennen für Deutschlands Vorzeige-Biathletin. »Biathlon war und ist mein Leben. Doch nach 16 Jahren im Weltcup ist nun genau der richtige Zeitpunkt, um aufzuhören«, kündigte die 35-jährige an. Sie wird den Abschied in Oslo mit der achtmaligen norwegischen Weltmeisterin Liv Grete Poiree (31) feiern.
Die beiden langjährigen Kontrahentinnen eint auch nach der aktiven Laufbahn ein Wunsch: Beide wollen Kinder haben. Während die mit dem Franzosen Raphael Poiree verheiratete »Königin« der WM von Oberhof 2004 ein Geschwisterchen für die dreijährige Tochter Emma plant, möchte sich Disl erstmals den Kinderwunsch erfüllen. Davor jedoch wird die im österreichischen Kössen wohnende Hauptmeisterin der Bundespolizei mit ihrem schwedischen Freund Thomas - Skitechniker bei den Norwegern - zum ersten Mals seit 1993 wieder länger als eine Woche Urlaub machen: »Wir wollen fünf Wochen nach Neuseeland fliegen.«
Auch für die Zeit nach ihrer aktiven Laufbahn hat Disl Pläne. Sie möchte als TV-Expertin weiter beim Biathlon dabei sein. Konkrete Angebote liegen vor. »Da wäre ich ja immer nur wenige Wochen im Winter unterwegs«, hat sich die gelernte Bankkauffrau mit ausgeprägtem Familiensinn auch die Kinderbetreuung bereits überlegt. Das würde für die Zeit ihre Mutter Ursula im heimischen Großeglsee bei Dietramszell übernehmen.
Seit 16 Jahren gehörte Disl zum Biathlon-Weltcup wie der Schnee zum Winter. 1986 wechselte die Langläuferin zu den Skijägern. Bereits vier Jahre später gelang ihr beim zweiten Weltcupstart in Les Saisies der erste Sieg. Inzwischen sind es 30 sowie 63 Podestplätze. Inklusive Staffel-Erfolgen lautet ihre Bilanz sogar 53 erste, 39 zweite und 29 dritte Plätze. Damit ist sie eben so wie mit neun Medaillen bei fünf Olympia-Teilnahmen Rekordlerin in der Biathlon-Geschichte. Und bei 14 WM-Teilnahmen stand sie 19 Mal auf dem Siegerpodest. Bei ihrem letzten WM-Start 2005 in Hochfilzen holte sie sich gleich zwei Mal das lang ersehnten Einzel-Gold.
Der Abschied vom Biathlon falle ihr sehr schwer. »Ich war immer mit Herzblut dabei. Sport ist mein Leben. Jetzt freue ich mich auf Neues«, bekannte die Vorzeige-Bayerin. Das Erfolgsgeheimnis des »Turbo-Disls« sei ihr Wille gewesen. »Ich kann mich vielleicht mehr schinden als andere, wenn's nötig ist. Ich glaube, dass sind meine Gene«, stellte sie dazu fest. »Das macht Uschi niemand nach, wie auch ihre Bilanz wohl unerreicht bleiben wird. Ich ziehe vor ihr meinen Hut«, sagte Weltcup-Gesamtsiegerin Kati Wilhelm (Zella-Mehlis), die gestern beim Martina-Glagow-Sieg Sechste wurde, über ihre Trainings-Partnerin in Ruhpolding.
Bei den Männern gewann gestern der Norweger Ole Einar Björndalen den Sprint. Sein 61. Tagessieg bescherte ihm auch die Führung in der Gesamtwertung. Bester Deutscher war als Neunter Ricco Groß.

Artikel vom 24.03.2006