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Saurier erobert die Stadtbahn

Naturkunde-Museum lädt auf Uni-Linie 4 zur historischen Zeitreise ein

Von Gerhard Hülsegge
und Bernhard Pierel (Foto)
Bielefeld (WB). Wer von September an die Stadtbahnlinie 4 zwischen dem Naturkunde-Museum und der Universität benutzt, trifft auf das Wollnashorn, den Riesenlurch und Fischsaurier als Zeugen der Vergangenheit. Das »namu« und die Verkehrsbetriebe der Stadtwerke, moBiel, laden zu einer naturhistorischen Zeitreise in die Gegenwart ein.

»Unser Projekt schlägt eine symbolische Brücke zwischen der Uni als Zentrum des Wissens und dem Museum als Plattform gesellschaftlicher Reflexion von Wissen«, erklärte gestern Dr. Isolde Wrazidlo, Leiterin des Hauses für Natur (Mensch) und Umwelt an der Kreuzstraße. »Und wir mischen uns in den Lebensalltag der Bürgerinnen und Bürger ein.«
Das »namu« wird in diesem Jahr 100 Jahre alt. Die geologische Sammlung umfasst allein 400000 Objekte. Nur ein Prozent kann der Öffentlichkeit wegen der beschränkten räumlichen Kapazitäten zugänglich gemacht werden. Deshalb hat man sich entschlossen, der Stadt ein besonderes Geschenk zu machen: Schaufenster an allen zehn Haltestellen und beleuchtete Bodenvitrinen an den vier unterirdischen Stationen mit Abgüssen naturhistorischer Exponate.
Die Idee zur »Zeitreise« stammt von Dr. Martin Büchner. Der langjährige Leiter des »namu« hat auch die Verlegung der Stadtbahn unter die Erde interessiert begleitet. An drei der vier unterirdischen Haltestellen wird ab Herbst ein besonders markantes paläontologisches Objekt (Nashorn, Lurch, Saurier) in einer nachgeahmten Fundsituation ausgestellt. Die Objekte werden mit wenigen Worten erklärt und teilweise auch über einen Kurzfilm als »Appetizer« zusätzlich in Szene gesetzt.
Korrespondierend wird das Ausstellungsobjekt an den meisten Haltepunkten plakativ aufgegriffen, wobei der Humor nachdenklich daher kommt, wenn etwa an der Rudolf-Oetker-Halle die Amphibie zu »stehenden Ovationen« aufruft oder am Landgericht »Das jüngste Gericht« besonders lecker schmeckt. Am Siegfriedplatz wird sogar ein Originalbohrkern als Zeitachse in Szene gesetzt.
»Was wir planen, dürfte einmalig in Deutschland sein«, meinte Dr. Godehard Franzen, Vorsitzender des namu-Fördervereins, der das Gestaltungskonzept der Agentur »Museumsreif« finanziell stemmt. Auch die Politiker in den Fachausschüssen des Rates waren allesamt begeistert. 75 Prozent der Gesamtkosten in fünfstelliger Euro-Höhe - die genaue Summe wollten die Initiatoren gestern nicht nennen - sind mit Hilfe von Sponsoring-Zusagen von 14 Bielefelder Unternehmen bereits gedeckt. Die laufende Unterhaltung ist für zehn Jahre durch den Förderverein gesichert. Weitere Geldgeber sind herzlich willkommen.
Sie können auch mit Wolfgang Brinkmann als Geschäftsführer der moBiel GmbH Kontakt aufnehmen. Der musste von dem Vorhaben nicht lange überzeugt werden und weiß: »25000 Menschen benutzen die Uni-Linie jeden Tag«. An Aufmerksamkeit für das Stück Erdgeschichte, das zwischen Adenauerplatz und Universität abgebildet werden soll, dürfte es also nicht mangeln. Mit der Umsetzung des Projektes soll nach einjähriger Planungsphase im April begonnen werden. Die baulichen Maßnahmen wie das Aufsägen der Betondecken und der Einbau der Bodenvitrinen sollen in den Sommerferien durchgeführt werden.

Artikel vom 24.03.2006