24.03.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Ein Mal auf der großen Fußballbühne

Nur noch die Hürde Delbrück am Gründonnerstag: Beim VfB Fichte reifen DFB-Pokal-Träume


Von Jörg Manthey
Bielefeld (WB). Bank-Impressionen kurz vor der Verlängerung in Herford. Nach dem 0:0 in der regulären Spielzeit blickte VfB Fichte-Trainer Sven Moning am Mittwochabend irritiert in ratlose Gesichter. »So wie Ihr euch gerade präsentiert, so habt Ihr auch gespielt«, herrschte er die ins Leere starrenden Oberligakicker an, die ihrer Favoritenrolle im Westfalenpokal-Viertelfinale gegen den zwei Klassen tiefer spielenden SC Herford bis dato zu keiner Zeit gerecht werden konnten.
Es war eine gute Viertelstunde gespielt, da rief Mannschaftskapitän Jens Reitemeier seinen Kameraden aufmunternd zu: »Traut euch was«. Doch nichts passierte. Das 0:4 im Derby gegen Arminia II »hatte seine Wunden geschlagen«, fand Marketing-Geschäftsführer Dirk Starke und verwies auf die »chaotische Choreographie« des Mittwochs mit zahlreichen personellen Absagen. Dass es am Ende ein Kampfsieg wurde, sei »gut fürs Selbstvertrauen gewesen. Die Mannschaft musste gegen läuferisch starke Herforder ans Limit gehen«. Den kleinen Unterschied machte schließlich Christopher Gliniars aus. Der Mann mit der Trikotnummer 17 stand zunächst auf dem Spielberichtsbogen gar in der Anfangself, wurde aber noch durchgestrichen und musste Janis Theermann weichen. »Chrispi ist kein Kunstrasenspieler«, wies Trainer Moning vor allem auf dessen schon fast chronische Rüc-kenprobleme hin. »Das geht bei ihm sofort auf den Lendenwirbelbereich«.
Gut, dass der Kopfballexperte in der 84. Minute doch als »Joker« gebracht wurde. Nach seinem entscheidenden Treffer (99.) huldigten die Fans ihren Liebling mit Lobgesängen: »Chrispi ist der tollste Typ der Welt«, und Trainer Sven Moning seufzte: »Ich habe keine Hoffnung mehr, dass wir mal 2:0 gewinnen. Ich weiß, das ist für jeden Außenstehenden nervenaufreibend«.
Der VfB Fichte atmete hörbar durch und freut sich nun auf den 13. April, Gründonnerstag, wenn im Westfalenpokal-Halbfinale in der wichtigsten Begegnung der jüngeren Vereinsgeschichte der Ligarivale SC Delbrück im Stadion Rußheide erscheint. In diesen 90 Minuten - oder mehr - geht es um nichts Geringeres als die Qualifikation für die 1. DFB-Pokal-Hauptrunde. Verbunden mit einer Festprämie für die Amateure in Höhe von von 52 000 Euro.
»Das wird ein offener Fight. Die Chancen stehen 50:50. Und der sportliche Reiz ist allemal höher als der finanzielle«, erklärt Dirk Starke. »Ein Mal auf der großen Fußballbühne stehen, ein Mal im Fernsehen das Los VfB Fichte gezogen sehen - das ist es, was unsere Spieler fasziniert«.
An der Rußheide reifen also Träume, »von bestenfalls Bayern München bis schlimmstenfalls Wacker Burghausen« (Starke). Sven Moning sieht die Fortsetzung des »größten Erfolgs der Vereinsgeschichte« schon voraus prophezeit, dass sein Team auf jeden Fall einen Erstligisten zugelost bekommen werde. »Wir kriegen gleich den Richtigen serviert: Bayern München. Oder den DSC Arminia. In dem Fall kriegen wir Bayern erst in der zweiten Runde«.
Zugegebenermaßen stünde sämtlichen Phantastereien noch eine Hürde im Weg. »Erst müssen wir Delbrück schlagen«. Und vor Delbrück hält der Oberliga-Spielplan ja noch zwei reizvolle OWL-Derbys parat: Am Sonntag zu Hause gegen den FC Gütersloh (mit Ex-Trainer Dr. Jörg Weber), am kommenden Mittwoch beim SC Verl (mit Ex-Trainer Mario Ermisch). »Wir haben es geschafft, von der Meisterschaft auf den Pokal umzuschalten. Nun muss es uns anders herum gelingen«.
Viel mehr Sorge bereitet Sven Moning, dass er erneut spielsystemisch improvisieren müsse, was gerade angesichts der Ausfälle im Defensivbereich abenteuerlich sei. »Ich habe acht Stürmer, acht Mittelfeldspieler, aber nur vier Verteidiger. Diese Defensivzahl passt überhaupt nicht«.

Artikel vom 24.03.2006