23.03.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Laden zum Lebertag: Friedrich Kralemann, Karin Kespohl (Selbsthilfegruppe), Dr. Ludger Wesche, Uwe Tews, Dr. Holger Kronsbein und PD Dr. Martin Steffen (v.li.).

Die schleichende Krankheit
mit gravierenden Folgen

Lebertag in der Stadthalle: Hepatitis B und C im Fokus

Bielefeld (sas). Etwa ein Prozent der Bevölkerung hat Hepatitis B oder C. Für Bielefeld bedeutet das, dass mehr als 3000 Menschen an einer Leberentzündung leiden - vielfach unbemerkt.
Denn längst nicht immer macht eine Hepatitis akut mit einer Gelbsucht auf sich aufmerksam. Hepatitis B und besonders Hepatitis C verlaufen oft schleichend, können chronisch werden und dann gravierende Komplikationen verursachen. Sie stehen daher auch beim 4. Lebertag im Mittelpunkt.
Er findet am kommenden Samstag von 9 bis 13 Uhr in der Stadthalle Bielefeld (Raum 8, zweite Etage) statt. Einlader sind das Franziskus Hospital sowie die Vereine Hepatitis Hilfe NRW, Deutsche Leberhilfe und Hepatitis C Forum. Die Veranstaltung mit Vorträgen und Patientenfragestunde kann ohne Anmeldung besucht werden, der Eintritt ist frei.
Fünf Virentypen, benannt nach den Buchstaben A bis E, können eine Leberentzündung hervorrufen, eine Rolle spielen vor allem die Typen A, B und C. Die Hepatitis A verläuft bei 90 Prozent der Patienten unbemerkt, sie heilt problemlos aus. Auch bei den Typen B und C haben die Betroffenen oft keine eindeutigen Symptome wie Gelbsucht, klagen eher über Müdigkeit und Leistungsschwäche. »Die akute Hepatitis B heilt gut aus, nimmt aber bei gut zehn Prozent der Patienten einen chronischen Verlauf«, sagt Privatdozent Dr. Dr. Martin Steffen, Chefarzt der Medizinischen Klinik I am »Klösterchen«. Die Hepatitis C-Infektion verläuft gar bei 50 bis 70 Prozent der Fälle chronisch. »Die langfristigen Komplikationen sind dann Leberzirrhose und Lebertumor.«
Gegen Hepatitis A und B gibt es die Chance der vorbeugenden Impfung, bei Hepatitis C ist kein Impfstoff in Sicht: »Das Virus mutiert zu schnell, es entwischt deshalb auch dem menschlichen Immunsystem leicht«, erklärt Steffen. Die Übertragungswege der Virustypen sind unterschiedlich: A wird durch mit Fäkalien verunreinigtes Essen oder Wasser aufgenommen, B und C werden durch Blut übertragen, B zudem durch sexuelle Kontakte und durch Übertragung von der Mutter zum Kind. Therapiert werden die chronische Hepatitis B und C mit Interferon und Medikamenten, die das Wachstum der Viren hemmen - eine teure Therapie, aber auch ökonomisch sinnvoll, weil die Patienten so arbeitsfähig bleiben, betont Dr. Holger Kronsbein, Oberarzt am Klösterchen.
Weil neben den Viren auch Medikamente und Alkohol zu chronischen Leberproblemen führen - jede dritte chronische Hepatitis ist alkoholbedingt - fällt es Betroffenen oft schwer, über ihre Krankheit zu sprechen: »Man wird sofort in eine bestimmte Ecke gestellt«, hat Uwe Tews erfahren. Er engagiert sich in der Hepatitis-Selbsthilfegruppe, die sich jeden ersten Dienstag eines Monats um 19 Uhr im Klösterchen trifft. Tews hat sich 1990 mit Hepatitis B infiziert - bei einer Blutübertragung. Und der aktive Feuerwehrmann hat nicht gezögert, seinen Kameraden davon zu erzählen. Das ist nicht immer ratsam, sagt Steffen. Das Risiko der Stigmatisierung und Ausgrenzung ist zu groß - »und eine Ansteckungsgefahr besteht bei normalen Kontakten schließlich nicht.«

Artikel vom 23.03.2006