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Düsseldorf auf Distanz zu Calmund

WM-Botschafter des Landes erhält 56 000 Euro für Spesen ohne Einzelbeleg

Von Reinhard Brockmann
Düsseldorf (WB). Das sportpolitische Parkett wird für Reiner Calmund immer glatter. Landespolitiker gehen auf Distanz zu dem unter Untreueverdacht stehenden Ex-Manager.

Calmund ist offizieller WM-Botschafter des Landes Nordrhein-Westfalen - im November 2004 von der Vorgänger-Regierung gegen eine Aufwandsentschädigung von bislang 70 000 Euro verpflichtet. Hinter den Kulissen würde ein freiwilliger Rückzug als geschmeidigste Lösung begrüßt, heißt es in der alarmierten landespolitischen Szene. Besonders pikant: Noch im Februar hatte Ministerpräsident Jürgen Rüttgers mit Calmund und Franz Beckenbauer in New York für die Fußball-WM »unter Freunden auch in NRW« geworben.
Bereits in der vergangenen Woche hat es Calmund nach Informationen dieser Zeitung abgelehnt, den Botschafter-Posten niederzulegen. Ein hoher Beamter des Innenministeriums hatte den Kontakt aufgenommen. Ergebnis des Gesprächs: Herr Calmund sieht keinen Grund, von sich aus das Amt aufzugeben, zumal er befürchten müsse, dass ein solcher Schritt als Schuldeingeständnis gewertet würde. Darüber hinaus wird in der Landeshauptstadt nicht ausgeschlossen, dass ein Rückzug Sponsorenverträge des früheren Bayer 04-Managers entwerten könne.
Auch der grüne Sportpolitiker Michael Vesper, bis Mitte 2005 Vize-Ministerpräsident von NRW, ging gestern vorsichtig auf Distanz: »Der WM-Botschafter des Landes Nordrhein-Westfalen muss über alle Zweifel erhaben sein.« Alles andere habe sich dem Ziel unterzuordnen, dass das Land »die allerbeste Performance zeigt«, sagte Vesper dem WESTFALEN-BLATT weiter.
Noch deutlicher wurde Christof Rasche aus der FDP-Landtagsfraktion. Er erwartet, dass in dem Moment, in dem eine Klage gegen Calmund auf dem Tisch liegt, Innenminister Ingo Wolf und Ministerpräsident Jürgen Rüttgers »sich kurz schließen und die Reißleine ziehen«. Calmund habe die Möglichkeit gehabt, die Anschuldigungen zu entkräften, sagte Rasche weiter, »das ist ihm nicht gelungen«. Noch gelte allerdings ganz streng die Unschuldsvermutung. Rasche: »Jetzt kündigen hieße verurteilen.«
Calmund, immer stärker unter Beschuss, hat neben dem Arbeitsrechtler Stefan Seitz einen zweiten Topjuristen zu seiner Verteidigung ins Boot geholt. Der im Mannesmann-Prozess bekannt gewordene Strafrechtler Sven Thomas könnte Calmund schon nächste Woche zum Staatsanwalt begleiten.
Die auf 56 000 Euro jährlich hochgerechneten Überweisungen aus der Landeskasse für das Botschafteramt hatte Calmund noch am Montag listig dementiert. Zu Meldungen über ein »Honorar« sagte er: »Das stimmt nicht. Ich mache das ehrenamtlich.«
Nach Angaben des NRW-Innenministeriums werden vierteljährlich 14 000 Euro gezahlt, um damit Kosten für Spesen, Büro sowie Assistenz pauschal abzudecken - das heißt: ohne Einzelbelege.

Artikel vom 23.03.2006