23.03.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

»Hardenberg I« wird
nach 100 Jahren saniert

Trinkwasserbehälter erhält neue Innenauskleidung


Von Hendrik Uffmann
Bielefeld (WB). Normalerweise sind hier 1,5 Millionen Liter Wasser gespeichert, die den Westen Bielefelds mit dem kühlen Nass versorgen. Doch momentan ist die eine Hälfte des Trinkwasserbehälters »Hardenberg I« eine Baustelle. Nachdem der Behälter seit 100 Jahren im Betrieb ist, wird dort nun die Innenauskleidung erneuert.
Kühle Feuchte herrscht in den röhrenartigen Gewölben des Trinkwasserbehälters, der an der Hardenbergstraße versteckt hinter Wohnhäusern liegt. Starke Scheinwerfer leuchten die Räume aus, Männer in weißen Schutzanzügen und Mundschutz bringen Stahlarmierungen an oder bedienen Baumaschinen. Errichtet wurde der Behälter 1905 als zweiter in Bielefeld. Der Boden besteht aus Stampfbeton, die Wände sind aus hartgebranntem Betheler Ziegel, wie Peter Hildebrand vom Bereich Wasseranlagen der Stadtwerke, der die Baumaßnahmen leitet, erklärt. »Die Bausubstanz ist einwandfrei, nur die Innenauskleidung ist abgenutzt.« Das Verfahren, mit die Wände vor 100 Jahren versiegelt wurden, hat sich bewährt - und wird deswegen auch jetzt wieder eingesetzt. »Dabei handelt es sich um einen Kerasal-Putz, der ausschließlich aus Wasser, Zement, Sand und Mikro-Silika besteht. Silika ist ein mineralisches Material wie ganz feiner Staub, das die Wasseraufnahme des Materials reduziert«, wie Eckart Flint, Geschäftsführer der Firma Flint Bautenschutz erläutert. Das Spezialunternehmen mit Sitz in Detmold ist für die Sanierung von Trinkwasserbehältern besonders zertifiziert. Aufgetragen wird der Putz, nachdem die alte Beschichtung durch Sandstrahlen entfernt wurde, mit einem Spritz-Verfahren. Etwa 1,5 bis zwei Zentimeter ist die Schicht, die anschließend per Hand glattgestrichen wird - auf der gesamten Innenfläche des Behälters von 1600 Quadratmetern. Mindestens 30 bis 50 Jahre soll der neue Putz halten.
In den 70er Jahren, erläutert Manfred Kahl, Wassermeister der Stadtwerke, wurde ein anderes Verfahren ausprobiert. »1973 wurde bei einer Sanierung Kunststoff, ein so genannter Chlor-Kautschuk, als Beschichtung verwendet. Bereits 1987 hatte sich dieser jedoch abgelöst. Von der ursprünglichen Bausubstanz muss auch der Boden, in dem sich Risse zeigten, mit Stahlmatten und Beton verstärkt werden.
Der Wasserbehälter Hardenberg I ist einer von insgesamt 18 der Stadtwerke Bielefeld. Er besteht aus zwei Teilen, die jeweils in vier Kammern aufgeteilt sind. Der zweite Teil soll saniert werden, sobald die Arbeiten an dem ersten Ende April abgeschlossen sind. Erneuert werden auch die Armaturen und Rohrleitungen der Anlage, insgesamt investieren die Stadtwerke Bielefeld 650 000 Euro in die gesamte Sanierung.
Jeder der beiden Teile fasst 1,5 Millionen Liter Wasser. Die Kammern sind S-förmig angelegt, damit das Wasser ständig in Bewegung ist, wie Manfred Kahl erklärt. »Innerhalb von 24 Stunden muss das Wasser einmal komplett ausgetauscht sein.« Bevor der Behälter wieder in Betrieb genommen wird, wird er gereinigt und desinfiziert. »Dann nehmen wir eine Wasserprobe, die bakteriologisch analysiert wird«, sagt Peter Hildebrand. Ist diese in Ordnung, wird Wasser aus dem zweiten Teil der Anlage in die frisch sanierten Gewölbe geleitet. Zwei Stunden dauert es dann, bis er wieder ans Netz gehen kann.
Die Sohle von »Hardenberg I« liegt 165,8 Meter über dem Meeresspiegel. Dieser Höhenunterschied sorgt dafür, dass das kühle Nass mit dem richtigen Druck aus der Leitung kommt. Die Arbeiten finden im Winter statt, so Manfred Kahl, weil dann der Wasserbedarf geringer ist. »Im Sommer, wenn die Fußballspiele der Weltmeisterschaft laufen, können wir anhand des Wasserverbrauchs genau sehen, wann die Halbzeitpause ist.«

Artikel vom 23.03.2006