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Man sollte viel Zeit mitbringen

Große Ausstellung über die Videokunst der 80er-Jahre in Düsseldorf

Düsseldorf (dpa). RAF, Filz-TV und Flammen im Fernseher: Die Videokunst der 80er Jahre stellt eine Ausstellung der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf vor.

Von morgen an zeigt das Ständehaus seinen Beitrag zum Projekt »40 Jahre Videokunst in Deutschland« (bis 21. Mai), an dem mit zeitgleichen Sonderschauen auch Bremen, München, Leipzig und Karlsruhe beteiligt sind. Die Schau ist Abschluss einer gemeinsamen Initiative zur Rettung der akut vom Verfall bedrohten Videokunst. Hintergrund: Magnetbänder halten nun einmal im Gegensatz zu Bronze, Marmor und Gemälden nicht lange.
Im Mittelpunkt aller Präsentationen stehen insgesamt 27 entdeckungsreiche Stunden originalen Filmmaterials von 59 Künstlern seit 1963. Auf 12 DVDs als digitalen Datenträgern gerettet, ist diese Studienedition für wissenschaftliche Einrichtungen das Hauptergebnis des mit 900 000 Euro von der Bundeskulturstiftung unterstützten Pilot-Projektes.
Unter den Künstlern, die für die zwölfteilige, digitale Edition ausgewählt wurden, sind so bekannte vertreten wie der koreanische Video-Pionier Nam June Paik, Joseph Beuys, Jochen Gerz, Rosemarie Trockel oder Imi Knoebel. Ob der Besucher Beuys beim »Filz-TV« (1970) beobachtet, wie der Künstler die Mattscheibe mit Boxhandschuhen bearbeitet oder ob er Gerz knapp 20 Minuten dabei zusieht, wie er - in karger Landschaft ausgesetzt - bis zur Erschöpfung »Hallo« (1972) ruft: Er sollte viel Zeit mitbringen.
Die Überraschungen auf der DVD sind zahlreich. Etwa Rosemarie Trockels ebenso schräger wie melancholischer Kurzfilm »Buffalo Billy + Milly« aus dem Jahr 2000, für den die Kölnerin Freunde mit skurrilen Masken zu Tieren machte. Viele der Filmarbeiten - wie das »Schleyerband« von Klaus vom Bruch - sind dokumentarisch.
Unter den Filmarbeiten sind auch einige, die eigens für das Fernsehen entstanden: Avantgardistische Experimente etwa Jan Dibbets »TV als Feuerstelle«, das als Bild züngelnder Flammen Ende der 60er Jahre den Sendeschluss markierte, um aus dem Fernseher dann einen virtuellen Kamin zu machen.

Artikel vom 24.03.2006