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Konzept der Gemeinde
stieß an seine Grenzen

Vortragsreihe zu Bethels Geschichte mit Prof. Dr. Benad

Von Lars Rohrandt
Bethel (WB). Wortgewaltig, informativ und fesselnd ist am Dienstag die Vortragsreihe des Historischen Vereins zur Geschichte der von Bodelschwinghschen Anstalten Bethel gestartet. Prof. Dr. Matthias Benad sprach über Etappen der Anstaltsgeschichte.

Benad, der den Lehrstuhl für Neuere Kirchengeschichte an der Kirchlichen Hochschule Bethel inne hat, nahm die etwas 20 Zuhörer anhand der Bezeichnungen »Irrenanstalt«, »Gemeinde der Sterbenden« und »Diakonisches Unternehmen« auf eine Zeitreise.
Im Mittelpunkt des knapp einstündigen Vortrags stand das Konzept der Bethel-Gemeinde. Früh wünschte sich Friedrich von Bodelschwingh, dass Bethel als »Gemeinde der Sterbenden« - Epileptiker starben noch in den 1920er Jahren mit etwa 30 Jahren -Êgesehen werde. Und nicht als »Irrenanstalt«, wie dies noch 1888 die Provinzialregierung tat.
»Im Sinne von Bodelschwingh bedeutete Gemeinde damals die Einheit von Wohnen, Arbeit und Glauben«, erläuterte Matthias Benad. Die Mitarbeiter mussten sich an ihren »Seelenführer« binden. »Bodelschwingh hatte quasi ein Seelsorge-Monopol.« Der Charismatiker, dessen 175. Geburtstag am 6. März 2006 begannen wurde, verlangte viel von seinen Diakonissen, bezeichnete sie als »Soldatinnen auf dem Schlachtfeld der Diakonie«. Damit sie sich mit dem Tod auseinandersetzten, mussten sie zu Beginn ihres Dienstes auf den Stationen der Todkranken arbeiten. »Demut!«
Um 1930 zählten zur Bethel-Gemeinde 6000 Mitarbeiter und deren Angehörige, 6000 Klienten und 300 000 Spender und Förderer sowie deren Angehörige. Ende der 1960er Jahre stieß dieses Konzept -Ênach dreineinhalb Generationen -Êan Grenzen. Es fanden sich nicht mehr genügend Frauen, stattdessen wurden vermehrt qualifizierte Pfleger, Psychologen und Pädagogen eingestellt. Anfang der 1980er Jahre taucht die Bezeichnung »Diakonisches Unternehmen« auf.
l Die Vortragsreihe des Historischen Vereins zur Geschichte der von Bodelschwinghschen Anstalten Bethel findet ihre Fortsetzung am 25. April. Prof. Dr. Hans-Walter Schmuhl spricht dann über »Liebesgaben, Fundraising, Sponsoring -ÊFriedrich von Bodelschwingh als Werbefachmann«.
Es folgen Vorträge von Dr. Frank-Michael Kuhlemann über Bethel im Nationalsozialismus (16. Mai) sowie von Kerstin Stockhecke und Dr. Claudia Puschmann über Ida von Bodelschwingh (20. Juni). Die Vorträge sind dienstags um 19 Uhr im Vortragsraum des Stadtarchivs, Rohrteichstraße 19.

Artikel vom 23.03.2006