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Höhenflug nach dem »Untergang«

Der weltbekannte Schauspieler Bruno Ganz wird heute 65 Jahre alt

Von Heinz-Peter Dietrich
Zürich (dpa). Sein Gesicht ist weltbekannt - das des Schauspielers Bruno Ganz und das, das er Adolf Hitler gab. Der hoch gelobte Schauspieler feiert heute seinen 65. Geburtstag.

Bereits vor zehn Jahren bekam der Weltstar den Iffland-Ring als »bedeutendster und würdigster Bühnenkünstler des deutschsprachigen Theaters«. Für den verstorbenen Josef Meinrad war Bruno Ganz der beste Schauspieler deutscher Sprache und somit würdig, als sein Nachfolger den nach dem Theatermann August Wilhelm Iffland, einem Zeitgenossen der Dichter Goethe und Schiller, benannten Ring zu tragen.
Der Sohn eines Schweizer Arbeiters und einer Norditalienerin der nie das Abitur machte und schon in der Grundschule im Arbeiterviertel Zürich-Seebach sitzen blieb, weil er immer aus dem Fenster starrte, gilt als schwer zugänglich. Ein Image, dass er nach den jüngsten Kinoerfolgen in Talk-Shows aufzubessern versuchte.
Als 19-Jähriger erhielt er seine erste Filmrolle in Karl Suters »Herr mit der Melone«, für sein erstes Bühnenengagement ging er 1962 nach Göttingen. Mit knapp 30 hatte er bereits die großen Rollen des Theaters gespielt. Er war Tasso, Hamlet, Prinz von Homburg, Odysseus, Prometheus und Empedokles. Sein Freund Botho Strauß hat ihn einen »Rasenden« genannt, »dem auch im höchsten Furor jedes Wort noch Waffe« sei. »Ich will immer, dass die Leute verstehen, was ich meine«, definiert er sein Können.
Als junger Mann trat Ganz der Truppe um Peter Zadek in Bremen bei. Aber seine Karriere lässt sich nicht von dem Regisseur Peter Stein trennen, mit dem er seit 1967 erst in Bremen, dann kurz in Zürich und endlich an der Berliner Schaubühne zusammen arbeitete. Dann der »Faust« in Steins Goethe-Großprojekt. Richtig bekannt wurde er aber mit Filmen vom Wim Wenders (»Der amerikanische Freund«), Werner Herzog (»Nosferatu«) oder Volker Schlöndorff (»Die Fälschung«).
Und nicht zuletzt mit »Der Untergang« von Bernd Eichinger und Oliver Hirschbiegel. »Wenn ich ein Deutscher wäre, könnte es gut sein, dass ich das nicht spielen würde«, sagte er während der Dreharbeiten in St. Petersburg. Kritikern war die Ähnlichkeit mit »dem Menschen Adolf Hitler« unheimlich. Schulkinder können Hitler heute genau beschreiben - er muss wie Ganz ausgesehen haben.
Seit »Der Untergang« kann Ganz sich vor Angeboten kaum retten. Sein jüngster Film »Vitus« bekam in Berlin einen bronzenen Bären. Gerade hat er »Youth Without Youth« unter Francis Ford Coppola abgedreht, bald folgt »The Dust of Time« unter Theo Angelopoulos. Nur mit Stein klappt es nicht mehr. Dieser will seine lange geplante Fassung von Schillers »Wallenstein« auf Einladung von Claus Peymann am Berliner Ensemble inszenieren. Für die Hauptrolle habe er Bruno Ganz nicht mehr angesprochen.

Artikel vom 22.03.2006