23.03.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Bertelsmann AG wächst rasant

Medienkonzern auf möglichen Börsengang vorbereitet - RTL Ertragsperle

Von Bernhard Hertlein
Berlin/Gütersloh (WB). Die Bertelsmann AG setzt ungeachtet aller Börsenspekulationen ihren Wachstumskurs fort. Im neuen Geschäftsjahr erwartet der Vorstandsvorsitzende Dr. Gunter Thielen einen Umsatzzuwachs von »deutlich mehr als fünf Prozent«. Die Umsatzrendite, mit 9,0 Prozent schon jetzt die zweithöchste in der Konzerngeschichte, soll weiter an die Zielmarge von zehn Prozent herangeführt werden.

Die bisherige Rekordmarke von 9,2 Prozent erzielte der Gütersloher Medienkonzern 1985/86. Die für 2007 angestrebten zehn Prozent stehen auch im Zusammenhang mit dem möglichen Börsengang. Die Group Bruxelles Lambert (GBL), nach einem Tausch mit RTL-Aktien Miteigentümer von Bertelsmann, hatte im Oktober angekündigt, mindestens einen Teil ihrer 25 Prozent in diesem Jahr an die Börse zu bringen. Seitdem wird spekuliert, Bertelsmann und die Eigentümer-Familie Mohn könnten diese Aktien aufkaufen und so einen Börsengang verhindern.
Thielen nahm zu solchen Spekulationen gestern in Berlin keine Stellung. Bertelsmann bereite sich seit Jahren auf den Börsengang vor. Im Übrigen bleibe es dabei, dass über die 25 Prozent hinaus keine weiteren Aktien platziert werden sollen. Auch an dem auf Wachstum ausgerichteten Kurs der AG werde sich durch einen Börsengang nichts ändern. Es sei nun Sache von GBL, zu erklären, wann, wie und wie viele Aktien platziert werden sollen. Thielen: »Wir sind vorbereitet.«
Trotz des vorzeitigen Rückzugs von Prof. Heribert Meffert als Leiter der Bertelsmann-Stiftung bleibt es Thielen zufolge auch bei dem schon bekannten Fahrplan für den Wechsel im Bertelsmann-Vorsitz. Der Name seines aus dem Konzernvorstand stammenden Nachfolgers werde im Januar oder Februar 2007 bekannt gemacht. »Alles, was ich versprechen kann, ist ein reibungsloser Übergang«, sagte Thielen, der nach seinem Ausscheiden im Sommer kommenden Jahres in die Bertelsmann-Stiftung wechselt.
Die gute Entwicklung des Konzerns spürt die Belegschaft nicht nur bei der Gewinnausschüttung, sondern auch durch die Schaffung neuer Arbeitsplätze. Im vergangenen Jahr erhöhte sich die Zahl um 12200 auf 88500. Ein ähnliches Wachstum vorausgesetzt, könnte sie sich 2006 der 100000er Grenze nähern.
Von den sechs Bertelsmann-Geschäftsbereichen (inklusive dem Joint Venture Sony BMG) steht die TV-Senderfamilie RTL bei Umsatz und Ertrag nach wie vor an erster Stelle. Wachstumschancen sieht der Vorstandsvorsitzende Gerhard Zeiler vor allem im Ausland, insbesondere Osteuropa. Die Buch-Gruppe Random House stieg 2005 in das indische und südafrikanische Verlagsgeschäft ein. Mit Dan Browns »Da Vinci Code« erscheint der meistverkaufte Erwachsenen-Roman bei Bertelsmann.
Gruner + Jahr, Europas größtes Zeitschriften-Haus, startete im vergangenen Jahr 16 neue Zeitschriftentitel und erwarb zudem die Mehrheit am Verlag »Motorpresse«. Gemeinsam mit Arvato und dem Axel-Springer-Verlag bauten die Hamburger das neue Tiefdruck-Unternehmen Prinovis.
Rolf Schmidt-Holz schied mit der Übernahme des Chefpostens bei Sony BMG aus dem Bertelsmann-Vorstand aus. Als Ziel für den Musikbereich, der jetzt im Vorstand von dem neuen Finanzchef Thomas Rabe vertreten wird, gab Thielen Platz 1 unter den internationalen Musikkonzernen vor.
Eine deutliche Ergebnisverbesserung gelang der Direct Group. Nach Auskunft von Vorstand Ewald Walgenbach sollen auch die letzten Verlustbringer, der englische und der deutsche Buchclub, 2006 den Sprung in die Gewinnzone schaffen.

Artikel vom 23.03.2006