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Der Kick auf der Halde

Eine kleine Galerie: Jörg Boström (Folge 2)


Der Fußball fasziniert auch Künstler. In loser Folge präsentiert das WESTFALEN-BLATT eine kleine »Galerie der Kickerbilder«, heute das zweite Werk: Jörg Boström (68; Duisburg): Fußball-Halde (1980).
Fußball ist immer auch die Flucht aus beengten (Wohn-)Verhältnissen in die Weiten des Spielfeldes - wer wüsste das besser als die Sinti-Familien, die in einer Siedlung bei Gelsenkirchen eine Bleibe fanden. Die Jugend dort hat sich sogar mit der Abraumhalde arrangieren müssen; am Fuß der schwarzen Berge lässt sich der triste Alltag wenigstens für kurze Zeit überspielen. Kein größerer Gegensatz ist denkbar als der zwischen dem Millionenpublikum in den riesigen Stadien und am Bildschirm auf der einen Seite und dem verlorenen Häuflein auf dem abseitigen Acker andererseits, dort, wo die Dienstleistungsgesellschaft noch nicht angekommen ist. Dort füllen Pass und Flanke, Treffer und Parade keine Konten, sondern die Leerzeit zwischen zwei geschwänzten Schultagen. »Die Rolle des Balls im Leben der Kinder, gerade der ärmsten und fast chancenlosen, ist eine besondere«, schreibt der Fotokünstler. »Sie erleben, dass man Tore schießen und sich verteidigen kann.«
Jörg Boström hatte Ausstellungen in Bielefeld und Paderborn, man schätzt seine Arbeiten aber auch in den großen Metropolen, in Berlin und Moskau. Matthias Meyer zur Heyde

Artikel vom 07.04.2006