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Barça ist der
Titel kaum
zu nehmen

Real Madrid als »wandelnde Null«

Von Hubert Kahl
Madrid (dpa). Der FC Barcelona kann zehn Spieltage vor Saisonende den Sekt für die Meisterschaftsfeier kalt stellen. Die Rivalen Real Madrid und FC Valencia haben im Kampf um den Titel in der spanischen Fußball-Liga praktisch das Handtuch geworfen.

Die »Königlichen« kamen gegen den Abstiegskandidaten Betis Sevilla nur zu einem desillusionierenden 0:0. Sie sind seit drei Spielen ohne Torerfolg und, wie die Zeitung »ABC« gestern schrieb, zur »wandelnden Null« geworden.
Der seit 16 Spielen ungeschlagene FC Valencia verlor bei Racing Santander 1:2. Damit baute Titelverteidiger Barça (64 Punkte), der am Vortag bei Real Sociedad San Sebastián 2:0 gewonnen hatten, seinen Vorsprung gegenüber Real (53) und Valencia (52) weiter aus. »Wenn wir realistisch sind, geht es für uns nur noch darum, den zweiten Platz zu halten«, räumte Real-Torwart Iker Casillas ein.
Den 75000 Zuschauern im Bernabéu-Stadion bot sich ein ungewohntes Bild: Die »Galaktischen« David Beckham und Ronaldo mussten auf der Ersatzbank Platz nehmen. Der kürzlich zurückgetretene Florentino Pérez hätte dies kaum zugelassen, denn die Superstars hatten den Verein 80 Millionen Euro an Ablöse gekostet. Sie sind Reals wichtigste Werbeträger und trugen maßgeblich dazu bei, dass der Club zum reichsten der Welt wurde.
Seit dem Rücktritt von Pérez scheint es bei Real jedoch drunter und drüber zu gehen. Statt Aufbruchstimmung herrschen Ratlosigkeit und Chaos. Der neue Clubchef Fernando Martín sucht verzweifelt einen neuen Trainer, handelte sich bei Fabio Capello, Arsène Wenger oder Rafael Benítez aber nur Absagen ein.
Der neue Präsident wirkt zunehmend verunsichert. Er scheut Neuwahlen und weiß, dass der Vorstand nicht geschlossen hinter ihm steht. Sportdirektor Benito Floro muss täglich mit seiner Entlassung rechnen. Die Krise bei Real Madrid hat ein neues Niveau erreicht: Zur spielerischen Schwäche der »Galaktischen« ist nun auch eine Orientierungslosigkeit in der sportlichen Leitung hinzugekommen.
»Welch eine Ruine!«, beschrieb das Sportblatt »Marca« die Lage des Clubs. Die Zeitung »El País« sieht Real »mitten in der Geschäftsauflösung«. Zuletzt hatte im Dezember 2004 der damalige Trainer Mariano García Remón es gewagt, Beckham auf die Bank zu setzen. Eine Woche später wurde Remón entlassen.

Artikel vom 21.03.2006