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Familiensinn nutzt Chefs

Flexible Arbeit, weniger Fehltage

Von Ira Schaible
und Edgar Fels
Gütersloh/Frankfurt (dpa/WB). Wenn das Kind mit Fieber aufwacht, die Tagesmutter ausfällt und der Kindergarten wegen Streiks oder Läusen geschlossen ist, haben berufstätige Eltern meist keine Wahl: Einer muss zu Hause bleiben.
Für SOS-Betreuer: Professorin Ulrike Detmers

Extrem flexible Arbeitszeiten, Heimarbeit, eine Notfallbetreuung oder Zusatzurlaub können das anfällige Gleichgewicht zwischen Familie und Beruf widerstandsfähiger machen. Davon profitieren nicht nur die Arbeitnehmer, sondern auch die Unternehmen, wie eine neue Studie des Forschungszentrums Familienbewusste Personalpolitik (FFP) an der Universität Münster belegt.
»Der Krankenstand kann positiv beeinflusst werden«, lautet eines der Ergebnisse der Studie. Die Arbeitnehmer fehlten seltener, gingen nicht so lange in Elternzeit und fänden sich danach schneller wieder in die Arbeitsabläufe ein. Die Wertschöpfung pro Beschäftigten sei höher, die Mitarbeiter zufriedener und die Firmen auf dem Arbeitsmarkt attraktiver.
»Berufstätige Eltern, die sich verantwortungsvoll um die Förderung und Betreuung ihres Nachwuchses kümmern müssen, benötigen im Notfall praktische Hilfe vom Arbeitgeber«, fordert auch Professorin Ulrike Detmers. Die Gütersloher Unternehmerin (Firma Mestemacher, Gütersloh) engagiert sich seit Jahren für mehr Familienfreundlichkeit in Wirtschaft und Politik. Detmers zufolge sollte für eine optimale Unterstützung ein Familienbeauftragter im Betrieb zuständig sein, der zum Beispiel »SOS-Betreuer« beschafft. Detmers: »Zum Aufgabenbereich des Familienbetreuers gehört die Planung, Organisation und Kontrolle familienfreundlicher Arbeitsbedingungen. « Dabei sollte der betriebliche Familienmanager eng mit dem Arbeitgeber kooperieren.
Weniger sinnvoll - aus betriebswirtschaftlicher Sicht - seien Betriebskindergärten, sagte Detmers. »Das rechnet sich nicht.« Der Personalaufwand sei für die Unternehmen zu hoch. So hält sich die Zahl dieser Einrichtungen denn auch in Grenzen. In der Region hat vor zwei Jahren der Lippstädter Scheinwerferhersteller Hella einen Betriebskindergarten eröffnet.
Unbestritten unter den Forschern ist, dass der demographische Wandel Folgen auch für die Betriebe in OWL haben wird: Es zeichnet sich Fachkräftemangel ab. Um aber Facharbeiter oder Spezialisten mit Nachwuchs oder Kinderwunsch zu halten oder zu gewinnen, seien familienbewusste Instrumente hilfreich. »In gut zehn Jahren gibt es ein Drittel weniger Arbeitskräfte«, betont die Politologin Professor Irene Gerlach vom Forschungszentrum FFP. »Die Unternehmen haben ein massives Eigeninteresse da etwas zu tun.«

Artikel vom 21.03.2006