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Wedel hofft auf trübes Wetter

Dreharbeiten zu »Mein alter Fritz« beginnen mit einem Verkehrsunfall

Von Dietmar Kemper
und Bernhard Pierel (Fotos)
Halle (WB). Dieter Wedel hatte schlecht geschlafen. »Ich bin aufgeregt«, bekannte der 63-jährige Starregisseur (»Der Schattenmann«) gestern in Halle zu Beginn der Dreharbeiten für den ZDF-Einteiler »Mein alter Freund Fritz«.

Im Sportpark-Hotel traf er sich am Morgen mit den Schauspielern Ulrich Tukur, Maximilian Brückner, Thamara Barth und Anna Hausburg sowie mit Kameramann Edward Klosinski. Zwölf Tage lang wird in Ostwestfalen gedreht: von heute bis Donnerstag ein Unfall auf einer Landstraße in Borgholzhausen, vom 23. März bis zum 2. April das Familienleben des Chirurgen Harry Seidel in der Villa Nordemann in Harsewinkel, am 3. April eine Szene im Fotostudio in Bielefeld. Außerdem wird der 50-köpfige Tross das Parkhotel in Gütersloh ansteuern, um dort etwa vier Stunden lang Aufnahmen zu machen.
Wenn der Film voraussichtlich im 1. Quartal 2007 im ZDF ausgestrahlt wird, macht die Unfallszene in Borgholzhausen trotz des enormen technischen Aufwandes nur dreieinhalb Minuten aus. Vielarbeiter Wedel, der in den letzten 15 Jahren 20 Filme fertiggestellt hat, dreht zum ersten Mal in Ostwestfalen. Sein neuester Streifen, in dem der Krankenhausarzt Harry Seidel gegen ausufernde Bürokratie und menschenverachtendes Kostendenken im Gesundheitswesen kämpft, wird 2,3 Millionen Euro kosten.
»In Deutschland wird langsam alles nur noch unter ökonomischen Gesichtspunkten gesehen«, beklagte Wedel gestern und zeigte Verständnis für die Proteste der Mediziner an den Universitätskliniken. »Ich nehme ihnen nur den Zeitpunkt übel«, scherzte Wedel: »Sie hätten sechs Monate später demonstrieren sollen, das wäre für meinen Film besser gewesen.« Die Situation in den Kliniken habe nichts mit den Heile-Welt-Krankenhausserien gemein. Ärzte müssten 60 Stunden »für ein absurd niedriges Gehalt« arbeiten, betonte der Regisseur.
Er kritisierte, dass es immer schwieriger werde, ernste Themen bei den Fernsehanstalten durchzusetzen: »Die Angst in den Sendern vor Misserfolg ist exorbitant.« Wedel dreht zum ersten Mal mit Ulrich Tukur und Veronica Ferres, die erst in der nächsten Woche zum Team stoßen wird. »Das Thema des Films ist der Tod, aber es wird auf unterhaltsame Weise behandelt«, sagte Tukur (»Stauffenberg«) dieser Zeitung. Er spielt den kämpferischen Chirurgen Harry Seidel, ist selbst aber noch nie im Krankenhaus behandelt worden. Seine Film-Frau mimt Veronica Ferres, Anna Hausburg wiederum macht als Tochter die Familie komplett.
Thamara Barth möchte im Film »eiskalt meinen schwer kranken Schwiegervater ins Heim abschieben«. Maximilian Brückner schließlich spielt den Geist von Harrys altem Freund Fritz. Um sich auf das Thema Gesundheitswesen und Sterben einzustimmen, traf sich die Crew am Wochenende in einer leerstehenden Klinik bei Hannover. Im Operationssaal sei es »beklemmend« gewesen, bekannten Wedel und Brückner. Auf trübes, regnerisches Wetter hoffen die Schauspieler und ihr Chef an den nächsten Tagen in Borgholzhausen, wenn der übernächtigte Chirurg mit seinem Ford Mondeo beim Unfall schwer verletzt wird. Weil der Regen aus dem Himmel nicht reicht, sorgt der Löschzug Borgholzhausen-Stadt mit Wasser-Depots für den rutschigen Untergrund.

Artikel vom 21.03.2006