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Friede an der Geschmacksfront

Verbeugung vor Lully und Corelli


Von Uta Jostwerner
Kirchdornberg (WB). Es war die Zeit des Sonnenkönigs und damit der Etikette, der minutiösen Regelung jeder Äußerung und jeden Tones. Formen waren derart verfestigt, dass sie auch bestehen blieben, als sie sich längst überholt hatten. Auch in der Musik, wo die Geschmacksfronten -ĂŠitalienischer oder französischer Stil - lange Zeit verhärtet waren.
In Paris wird 1668 (nicht wie im Programm angegeben 1630) Francois Couperin, genannt Le Grand, geboren und 1701 zum Hofmusikdirektor berufen. Couperin, dessen Hauptwerk mehr als 240 Cembalostücke umfasst (Die Kunst, Cembalo zu spielen) gelingt es auf subtile Weise, die Schranken des Geschmacks behutsam zu öffnen. Als Vollender der französischen Barockmusik, des galanten Stils, gelingt ihm zugleich eine Italienisierung der Musik und damit die schrittweise Vereinigung der Geschmäcker.
Zwölf Konzerte für Streicher, Holzblöser und Cembalo dokumentieren Couperins Bestreben, die italienische Musik mit der französischen zu verschmelzen. Je eines davon ist dem Andenken an Arcangelo Corelli und an Jean-Baptiste Lully gewidmet.
In der erlesenen Konzertreihe für Alte Musik in der Kirchdornberger Peterskirche oblag es am Sonntag »Les Baronnies«, den kostbaren Schatz zum Klingen zu bringen und für »Frieden im Parnass«, so der übergeordnete Konzerttitel, zu sorgen.
»Le Parnasse ou L'apothéose de Corelli« besteht ebenso wie das Instrumentalkonzert zum »unsterblichen Gedächtnis des unvergleichenlichen Monsieur de Lully« aus mit Tönen gemalten Miniaturen. Jede erzählt eine Episode und Begegnung am Parnass, der Heimat des Apoll und der Musen.
Unterstützt von Wort und Schrift gelang Anja Hufnagel (Blockflöten), Doris Runge (Barockcello), Britta Gemmeker (Barockvioline) und Sabine Erdmann (Cembalo) eine klanglich in ihrer Vitalität und differenzierten Ornamentik für sich einnehmende Kleinmalerei, die ganz auf die Vorstellungskraft des Publikums abhob. Bei allem aber musizierten und konzertieren »Les Baronnies« mit einer Expressivität und scheinbaren Leichtigkeit, die wahre Bewunderung auslöste.
Ebenso die charismatisch-virtuose Zierkunst, mit der Sabine Erdmann am Cembalo eine Sonate des Couperin-Zeitgenossen und Gambisten Antoine Forqueray zur Geltung brachte. - Herzlicher, langanhaltender Applaus.

Artikel vom 21.03.2006