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Präzisionsarbeit über den
Dächern von Bielefeld

Frank Pankoke ist Kranführer am 360-Grad-Haus

Von Hendrik Uffmann
Bielefeld (WB). Den Arbeitsplatz mit der derzeit wohl spektakulärsten Aussicht in Bielefeld hat Frank Pankoke. Er steuert den Kran auf der Baustelle des 360-Grad-Hauses am Adenauerplatz.

Aus dem kleinen Radio an der Wand klingt gedämpft Musik, die Thermoskanne steht griffbereit neben dem Sitz, durch die Scheiben gleißen die ersten Frühlings-Sonnenstrahlen. Doch für die außergewöhnliche Perspektive Richtung Innenstadt hat Frank Pankoke keinen Blick. Konzentriert schaut er durch das Plexiglasfenster unter seinen Füßen. Mit ruhigen und präzisen Bewegungen bewegt er die Steuerknüppel, mit denen er den Kran dirigiert, um die Last am Boden, 50 Meter unter seinem Arbeitsplatz, aufzunehmen. »Etwas Fingerspitzengefühl braucht man dazu schon. Aber das kommt mit der Zeit«, erklärt er.
Seit elf Jahren arbeitet der 34-Jährige als Kranführer, als gelernter Zerspanungsmechaniker ist er auf Umwegen zu dem Beruf gekommen. Notwendig war dazu eine Fortbildung zum Baumaschinenführer für Baukrane, in der unter anderem Elektrotechnik und Drahtseilkunde auf dem Plan standen. Denn seine Arbeit ist auch mit einer großen Verantwortung verbunden. »Das Wichtigste bei meinem Job ist, dass niemand verletzt wird«, sagt Pankoke.
Auf einer Baustelle wie beim 360-Grad-Haus erforderte das höchste Aufmerksamkeit - und Vertrauen zu den Kollegen am Boden und dem Rohbau. »Ich muss mich auf sie verlassen können. Manchmal kann man eine Last nicht einsehen und muss darauf vertrauen, dass die Ansagen von unten stimmen.« Und genau so, ergänzt der Kranführer, müssen sich die anderen Arbeiter auch auf ihn und sein Können verlassen.
Um die Arbeit zu erleichtern, ist Pankoke per Funk mit den Kollegen verbunden, manches geht jedoch auf Zuruf. Dass dafür das vordere Fenster meist auf Kipp steht, stört ihn nur bei wirklich eisigen Temperaturen. »Dann kommt die Heizung nicht mehr dagegen an.«
Ansonsten findet er den Arbeitsplatz in luftiger Höhe angenehm. Eigentlich, erzählt er, mag er auch die Einsamkeit hier oben. Nur zur Mittagspause klettert er schon mal nach unten. Sonst verbringt er den Arbeitstag von morgens 7 bis nachmittags 16.15 Uhr in der winzigen Steuerkabine des Kranes. Und wenn er mal ein menschliches Bedürfnis spürt? »Entweder geht man vorher zur Toilette, oder man verkneift es sich«, sagt Pankoke mit einem Lächeln.
Wie viele Sprossen er jeden Morgen zu seinem Arbeitsplatz hochklettern muss, das hat Pankoke noch nicht gezählt. Was für den Laien schwindelerregend sein kann, ist für ihn Gewöhnungssache. »Ich habe zwar schon mal Höhenangst gehabt, aber noch nie auf einem Kran.«

Artikel vom 21.03.2006