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Abi-Ball ohne Altschüler

Angst vor Randale: Stadthalle will keine Feier nach Mitternacht

Von Stephan Rechlin
und Wolfgang Wotke (Foto)
Gütersloh (WB). Die Abiturarbeiten sind noch nicht geschrieben, da gibt es schon Zoff um den Abschlussball. Erstmals will Stadthallen-Chef Johann Nusser in diesem Jahr keine Laufkarten für Altschüler des Evangelisch-Stiftischen Gymnasiums (ESG) ausgeben. Nusser fürchtet Randale - die Abiturienten um den Erfolg ihrer Abschlussveranstaltung.

Der Abi-Ball hat gewöhnlich zwei Teile. Einen offiziellen mit Ansprachen, Buffet und Standardtänzen in festlicher Kleidung. Und, nach Mitternacht, wenn die Eltern ins Bett müssen, die Fete. Zu der kommen stets auch viele ehemalige Schüler des ESG. Ab null Uhr zahlen sie nur noch fünf Euro Eintritt. Diesen zweiten Teil soll es in diesem Jahr nicht mehr geben - wenn es nach Stadthallen-Chef Johann Nusser geht.
Der hat schlechte Erfahrung mit späten Gästen. Bei der Abi-Feier einer Gesamtschule vor zwei Jahren haben stark angetrunkene Besucher die Sanitäranlagen der Stadthalle zerstört. Fliesen, Spiegel, Waschbecken, Kloschüsseln - alles war auseinandergenommen worden. Die Schule habe jede Veranwortung zurückgewiesen und mit einer Verleumdungsklage gedroht. »Unsere Schüler machen sowas nicht, erklärte mir die Schulleitung,« berichtet Nusser. Die Toiletten waren drei Wochen lang nicht nutzbar, die Stadthalle blieb auf den Kosten hängen. Auch im vergangenen Jahr habe es Randale gegeben, wenn auch nicht im vergleichbaren Ausmaß.
Das Organisationskomitee des Abistufenjahrganges 2006 am ESG zeigt Verständnis für die Sorgen Nussers und sucht nach Lösungen. »Wir haben angeboten, eine Liste mit den Namen aller Altschüler einzureichen, die wir ab null Uhr erwarten. Das hätte eine effektive Eingangskontrolle ermöglicht. Doch Herr Nusser ging gar nicht weiter auf unseren Vorschlag ein«, sagt Komitee-Mitglied Hanne Kunze. Ihre Mitschülerinnen Scarlett Hermreck, Susanne Doppmeier und Janina Richters suchten nach Alternativen. Doch der Saal der Tanzschule Stüwe-Weißenberg fasse maximal 500 Gäste - der Abi-Jahrgang hat jedoch schon 650 Karten verkauft. Außerdem ist die Stadthalle günstig. Insgesamt sieben Abi-Bälle finden dort in diesem Jahr statt. Sogar Bielefelder Gymnasien feiern in der Stadthalle Gütersloh. »Wir berechnen Abifeiern wie die Veranstaltungen von Jugendvereinen. Die Stadt legt ein Drittel der tatsächlichen Kosten drauf«, erläutert Nusser.
Nun sind ESG-Altschüler eine besondere Spezies. Einige sind inzwischen in einflussreichen Positionen. Markus Miele etwa oder Immanuel Hermreck, der neue Personalchef von Bertelsmann. Manche Abiturienten wiederum haben einflussreiche Eltern. Einige von denen wandten sich inzwischen an den Vorgesetzten des Stadthallen-Chefs: »Sogar der CDU-Kreischef Ludger Kaup interessiert sich in diesem Jahr für den Abi-Ball«, staunt Nusser. Der will den Fetenwunsch der Abiturienten nun doch noch einmal prüfen: »Notfalls muss das Sicherheitspersonal eben verstärkt werden.«

Artikel vom 18.03.2006