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Einbürgerung
nicht im
Vorbeigehen

Streit um bundesweiten Test

Berlin (dpa). Der Streit um einen bundesweiten Einbürgerungstest treibt wenige Tage vor drei Landtagswahlen einen Keil zwischen Union und SPD. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (beide CDU) stellten sich hinter die Pläne mehrerer unionsregierter Länder für einen Fragebogen.
»Die Staatsbürgerschaft kann es nicht im Vorbeigehen geben«, sagte Merkel am Wochenende. SPD und Grüne warfen der Union vor, mit dem Einbürgerungstest am rechten Rand nach Wählerstimmen zu fischen.
Ob es zu einem bundesweit einheitlichen Einbürgerungstest kommt, ist ungewiss. Der Kieler Innenminister Ralf Stegner (SPD) kündigte an, die SPD-Innenminister wollten sich gegen die Einführung eines solchen Verfahrens wenden. »Schleswig-Holstein wird zu Einbürgerungstests, wie Niedersachsen, Hessen und Baden-Württemberg sie wollen, niemals die Hand heben.«
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) widersprach Stegner. Er plädierte für einen Einbürgerungstest. Im Mai wollen die Innenminister von Bund und Ländern über die Einführung bundesweiter Einbürgerungsstandards beraten.
Die Kanzlerin betonte: »Der Staat kann schon fragen, ob es eine bewusste Entscheidung für unsere Staatsbürgerschaft ist.« Über einzelne Fragen könne zwar diskutiert werden, aber für eine erfolgreiche Integration seien Deutschkenntnisse unverzichtbar. Schäuble begrüßte die hessische Initiative. »Einbürgerung ist auch ein Stück weit Bringschuld.« Der Test sei nicht zu viel verlangt, und die Fragen seien nicht zu schwer. »Jeder kann sie beantworten, wenn er sich vorbereitet.«
Der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Sebastian Edathy (SPD), warf CDU und CSU vor, sie wollten mit der Debatte auch rechte Wähler ansprechen. Die Union spekuliere auch darauf, »einen Teil eher rechtskonservativer Wähler« vor den Landtagswahlen auf ihre Seite zu ziehen. Am Sonntag wird in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt ein neuer Landtag gewählt, darüber hinaus stehen in Hessen Kommunalwahlen an. Die Grünen-Fraktion kritisierte, die Union betreibe eine »Kampagne gegen Türken«.
Hessens Innenminister Volker Bouffier (CDU) hält den geplanten 100 Fragen-Katalog zur Einbürgerung für einen Beitrag zur Leitkultur. »Wenn der Test einen Beitrag dazu leistet, dass wir Deutsche uns darauf verständigen, was wir für wichtig halten, dann ist das sicher ein Beitrag.«
Vizekanzler Franz Müntefering (SPD) schlug Deutsch-Sprachtests bereits vor der Einschulung vor. »Es muss so sein, dass Kinder die deutsche Sprache können, wenn sie in die Schule kommen. Warum machen wir nicht Tests mit vier oder fünf Jahren?«, sagte er.
In dem Einbürgerungstest in Hessen soll unter anderem nach vier Grundrechten, der Reformation und nach drei deutschen Philosophen gefragt werden. In Baden-Württemberg gilt bereits seit Anfang des Jahres ein Einbürgerungstest.

Artikel vom 20.03.2006