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Kinder bringen nicht nur
für Frauen Veränderungen

Dritter Männertag in der Ravensberger Spinnerei

Bielefeld (sas). Zufällig und ungewollt werden Kinder heute nur noch selten geboren. Zumeist ist die Entscheidung für Nachwuchs eine bewusste - wie auch die Entscheidung gegen eigene Kinder. Denn sie bedeuten allemal gravierende Veränderungen im Leben. Nur für die Frauen?

»Die Kinderfrage - was geht's uns Männer an?« war Thema des dritten Bielefelder Männertages, der am Samstag in der Ravensberger Spinnerei stattfand. Eingeladen hatten Pro Familia, MännerForum Bielefeld, das Institut für Kirche und Gesellschaft und der Verein Männer gegen Männergewalt; etwa 25 Teilnehmer kamen.
Die Politik will die Familie zumindest in Sonntagsreden fördern, viele Menschen im »richtigen« Alter aber verweigern. »Aktuelle Umfragen haben untersucht, warum es Männern so schwer fällt, sich für Kinder zu entscheiden«, sagt Bernd Ussner, der in der Evangelischen Erwachsenenbildung arbeitet und zum Vorbereitungskreis des Tages gehörte. Danach sind es vor allem die Angst vor Einkommensverlusten und beruflichen Nachteilen sowie der Wunsch nach Karriere, der dem Nachwuchs entgegensteht. »Dazu kommt die Erwartung, dass die Frau für die Kinderbetreuung zuständig ist.«
Um sich für Familie entscheiden zu können, wünschten sich die befragten Männer mit großer Mehrheit (81 Prozent) flexiblere Arbeitszeiten und in größeren Betrieben eigene Kinderbetreuung. Auch Teilzeitarbeit, Elternzeit und unter Umständen die Chance, von Zuhause arbeiten zu können, wurden als Kriterien genannt. Diese Rahmenbedingungen könnten Mann zum Kind überreden - wenn der Verweigerung nicht Hedonismus, das Streben nach einem schönen und unbelasteten Leben, zu Grunde liegt. »Aber kann das Lebensziel sein, sich mit 60 oder 70 Jahren Fotoalben von schönen Reisen anzuschauen?«, fragt Ussner und zitiert Landesbischöfin Margot Käßmann, die meint, dass im Rückblick Kinder wahrscheinlich das wichtigste und schönste Abenteuer im Leben seien. »Planbarkeit, Effizienz, Verwertbarkeit - soll das alles sein? Sind das die Werte in unserem Leben?« fragt Ussner.
Er erwartet, dass auch die Gewerkschaften stärker Position beziehen und sich für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie einsetzen, dass zudem in der Öffentlichkeit ein Bild von Kindern als Geschenk und nicht als Belastung gezeichnet wird. »Alles andere wäre auch volkswirtschaftlicher und bevölkerungspolitischer Selbstmord! Gerade gut ausgebildete Menschen sollten zum Kind überredet werden.«
In Workshops haben sich die Teilnehmer des Männertages mit Themen wie »Väter im Abseits« (und der Wirkung von Trennungsgeschichten auf den Kinderwunsch von Männern) befasst, mit Familienplanung als Thema für Jungen (»Mit 18 Vater werden«), dem Kinderwunsch des Mannes in Beratung und Therapie und der Frage, wieviel Vatersein der Arbeitsplatz erlaube.
Männer, meinen die Veranstalter, geht die Kinderfrage etwas an, egal, ob sie sie verwirklichen, aufschieben - oder verpassen.

Artikel vom 21.03.2006