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Eine Feder diente als Behälter für Quecksilber

Schmiedekunst hautnah erlebt im Museum Huelsmann


Von Sabine Schulze (Text) und Bernhard Pierel (Fotos)
Bielefeld (sas). Salz - das gehört in die Küche. Aber nicht nur: Auch der Silberschmied arbeitet damit. Zu gleichen Teilen vermischt mit Weinstein - das die Hausfrau als Pottasche ebenfalls aus der Küche kennt - und mit Wasser angerührt dient es dazu, Flussmittelrückstände zu entfernen. Und mit Hilfe von Streulot, einer Kupfer-Silber-Legierung, verriet der Fachmann, werden Teile zusammengefügt.
20 Besucher kamen Samstag in die Remise des Museums Huelsmann, um sich von Prof. Hartwig Ullrich aus Hildesheim in die Kunst der Silberschmiede einführen zu lassen. »Mit neu geschärftem Blick«, verhieß Museumschefin Hildegard Wiewelhove, würden die Besucher des Silberseminars künftig Dinge im Museum betrachten und erkennen, was ziseliert, graviert oder grob gearbeitet ist. Anschauungsmaterial hatte sie dabei: Wunderschöne, jahrhundertealte Kelche, Pokale und Schalen.
Und mit diesen Kunstschätzen vor Augen führte dann Ullrich, Bildhauer und Silberschmied und einst Schüler des Bielefelders Wolfgang Tümpel, die Techniken seiner Zunft vom frühen Mittelalter bis zur Spätrenaissance vor: Auftiefen, Aufziehen, Treiben, Ziselieren, Bohren, Nieten, Feilen, Schleifen, Nageln und Löten. »Die Werkzeuge sind bis heute zweck- und formgleich geblieben«, betonte er. Nur sitzen die Silberschmiede nicht mehr wie einst in Lehmkuhlen vor der Werkbank.
Auf einem langen Tisch hatte Ullrich seine Gerätschaften aufgereiht: Ein Kohleöfchen, Zangen, Hämmer, Bohrer verschiedenster Größe, dünne Blechplatten, Holzstäbchen, Silberschälchen, Formen und jede Menge Fläschchen mit Hilfsmitteln wie Schlämmkreide, fein und grob gesiebtem Formsand, Quecksilber oder Streuborax. Und schließlich eine Vogelfeder.
Ullrich schmunzelt, als er ihren Nutzen erklärt: »Die Feder - üblicherweise ein Fittich - war ein wichtiges Aufbewahrungs- und Transportmittel zum Beispiel für Streulot oder Qecksilber, das für die Feuervergoldung benötigt wurde. Und wenn man die Feder unten öffnete, konnte man damit auch direkt auftragen.« Praktisch.
Schon jetzt steht fest: Das »Silberseminar« wird im Herbst wiederholt.

Artikel vom 20.03.2006