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Lipperland-Brigade wird als
»erster Sturm aufs Eis geschickt«

Bedeutung des Standorts Augustdorf wächst innerhalb der Bundeswehr

Von Dirk Schröder
Augustdorf (WB). Die Aufwertung der Panzerbrigade 21 im lippischen Augustdorf im Rahmen der neuen Bundeswehr-Struktur nimmt Formen an. Gerade erst von Einsätzen im Kosovo, in Bosnien-Herzegowina und Afghanistan zurückgekehrt, wird der »Lipperland«-Brigade künftig eine noch höhere Einsatzbereitschaft abverlangt.
Rick, ein deutscher Schäferhund, folgt seinem »Herrchen«, Oberfeldwebel Jens Langhammer, auf dem Fuß. Zwölf Spürhunde gehören zur Brigade.
Brigadegeneral Manfred Hofmann (l.) und Oberst Ralf Kneflowski bereiten die Brigade auf die neue Aufgabe vor. Fotos: Dirk Schröder
»Spätestens 2008 werden wir diese Einsatzbereitschaft erreicht haben«, erklärte am Freitag der Augustdorfer Kommandeur, Brigadegeneral Manfred Hofmann, der gerade von einem achtmonatigen Einsatz in Bosnien zurückgekehrt ist. Wie berichtet, wird die 7. Panzerdivision im Rahmen der Umgliederung aufgelöst und die Brigade vom Sommer an der 1. Panzerdivision in Hannover unterstellt.
Nur ein formaler Schritt, der für die Augustdorfer Soldaten aber eine große Umstellung bedeutet. Als Eingreifkräfte der Bundeswehr sind sie dann nicht mehr nur im Rhythmus von zwei Jahren für Auslandseinsätze vorgesehen. Sie müssen ständig auf derartige Einsätze vorbereitet sein. Das bedeutet von 2008 an: Sollte die Politik beschließen, wie aktuell überlegt wird, die Bundeswehr in den Kongo zu schicken, um dort die Wahlen abzusichern, wären die Augustdorfer Soldaten künftig dabei. »In solchen Fällen wird immer der erste Sturm aufs Eis geschickt«, bediente sich Hofmann eines Sportvergleichs, um die künftige Bedeutung der Brigade im Bundeswehr-Konzept deutlich zu machen.
Die Brigade wird auch personell aufgestockt, doch werden in Augustdorf künftig nicht mehr so viele Wehrpflichtige dienen. Hofmann: »Das neue Konzept bedeutet auch mehr Professionalität.« Er nannte ein Verhältnis von 80 zu 20 bei Berufs- und Zeitsoldaten sowie längerdienenden Wehrpflichtigen. Die neue Struktur bedeutet für die Berufs- und Zeitsoldaten aber auch, dass sich ihnen die Gelegenheit bietet, in Lippe für längere Zeit eine Heimat zu finden. Hofmann: »Die Familien der Soldaten sind heute bei den vielen Versetzungen nicht mehr bereit, immer zu folgen.«
Cleo, dem dreijährigen belgischen Schäferhund, bereitet es keine große Mühe, Semtex-Sprengstoff aufzuspüren, wie er am Freitag zusammen mit seinem Führer, Oberfeldwebel Jens Hemerling im Offizierskasino demonstrierte. Künftig gehört auch eine Hundestaffel mit 12 Drogen- und Sprengstoffspürhunden zum »Personal« der Brigade. »Die Tiere leben mit ihren Hundeführern zu Hause zusammen«, erläuterte Oberst Ralf Kneflowski, stellvertretender Brigadekommandeur. Und im Gegensatz zu Polizeihunden werden sie bei der Bundeswehr auch schon einmal zusammen mit ihrem »Herrchen« mit dem Fallschirm abgesetzt.
Brigadegeneral Hofmann zieht nach seinen acht Monaten als Chef des Stabes im EUFOR-Hauptquartier in Sarajevo eine positive Bilanz dieses Einsatzes. Seit gut einem Jahr trägt die Europäische Union die Verantwortung für die 6000 Soldaten umfassende Truppe in Bosnien-Herzegowina. Unter 250 Offizieren und Unteroffizieren aus mehr als 30 Nationen sei er sich anfangs wie im babylonischen Turm vorgekommen. Doch habe ihn schnell beeindruckt, wie effektiv dies Instrument der Europäer zur Friedenssicherung auf dem Balkan arbeite.
»Das war für mich dienstlich und privat eine herausragende Erfahrung.« Zwar sei Bosnien von der Bedrohungslage her ruhig, dennoch warnt der General davor, aus EUFOR eine vergessene Mission werden zu lassen. »Hier tragen unsere Soldaten in der Endphase eines militärischen Einsatzes wesentlich dazu bei, dass sich auch die Sicherheit unseres Landes deutlich verbessert.«
Bosnien sei im Moment in der intensiven Phase, eine Nation zu bilden. Das Verhältnis der Ethnien untereinander werde nie spannungsfrei sein, doch EUFOR könne dazu beitragen, dass die Menschen in Zukunft praktisch und pragmatisch miteinander leben. »Für die Soldaten ist dies eine gigantische Aufgabe, was die Vorbereitung betrifft.« Es müsse gelingen, Korruption und Vetternwirtschaft zurückzudrängen und die junge Bevölkerung davon zu überzeugen, dass sich politische Beteiligung lohne. Noch wollten 60 Prozent der Jungen dem Land am liebsten den Rücken kehren, weil sie keine Chance sehen.
Hofmann: »In Bosnien besteht noch viel Handlungsbedarf.« Der General wünscht sich von der EU ähnliche Handlungsansätze, wie sie von militärischer Seite in Angriff genommen worden sind. Was in dieser Richtung geschehe, sei noch nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. Hofmann: »In Bosnien haben wir die große Chance, Wege aufzuzeigen, die in demokratischen Verhältnissen enden.«Kommentar

Artikel vom 18.03.2006