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Kurz nach Entlassung wieder Kind geschändet

Geständiger 36-Jähriger hatte »günstige Prognose«

Frankfurt/Oder (dpa). Ein vor kurzem aus der Haft entlassener Sexualstraftäter sitzt nach neuerlichem Missbrauch Minderjähriger in Bernau (Brandenburg) wieder hinter Gittern.

Der 36 Jahre alte Mann wurde am Freitag in Untersuchungshaft genommen. Beamte fanden in seiner Wohnung eine betäubungsmittelähnliche Substanz. Die Auswertung im Labor soll heute beginnen, sagte Staatsanwalt Michael Neff.
Der Berliner soll mindestens zwei Jugendliche sexuell missbraucht haben. Einen Jungen soll er zuvor betäubt haben. Die Substanz könnte als Tatmittel gedient haben. »Der Mann ist zu zwei Taten geständig«, sagte Neff.
Der 36-Jährige verbüßte eine gut siebenjährige Haftstrafe, weil er 1994 einen achtjährigen Jungen missbraucht hatte. Ein Komplize hatte dann das Kind getötet. Erst drei Jahre nach dem Mord wurden die beiden Täter gefasst. Die Berliner Staatsanwaltschaft hatte den 36-Jährigen als gefährlich eingestuft und eine nachträgliche Sicherungsverwahrung erwirken wollen. Die Behörde zog ihren Antrag zurück, als zwei Gutachter dem Täter eine günstige Prognose stellten. Der Mann kam frei und zog nach Bernau.
Der neue Fall löste erneut eine Diskussion um die Gutachterpraxis aus. Unionspolitiker verlangten schärfere Strafgesetze. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) kündigte an, geplante Auflagen für entlassene Sexualstraftäter zügig umsetzen zu wollen. Das Kabinett werde den Gesetzentwurf zum besseren Schutz der Kinder im April beschließen. Er sehe eine bessere Kontrolle vor, ein Verbot des Kontaktes zu Minderjährigen und eine Verpflichtung zu regelmäßigen Besuchen bei einem Psychotherapeuten. »In der Praxis können wir vieles verbessern, wenn die zuständigen Stellen an einem Strang ziehen«, sagte Zypries.
Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Wolfgang Bosbach, forderte: »Der Gesetzgeber sollte die Möglichkeit schaffen, dass ein Sexualstraftäter schon nach der ersten schweren Straftat in Sicherungshaft genommen werden kann, sofern von dem Täter eine besondere Gefahr ausgeht.«

Artikel vom 20.03.2006