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»Habe ein tolles
Leben gehabt«

Rudi Carrell fügt sich dem Schicksal

Hamburg (dpa). Der an Lungenkrebs erkrankte Showmaster Rudi Carrell (71) fügt sich dem Schicksal: »Ich habe mich mit meinem Tod abgefunden«, sagte der 71-Jährige jetzt dem Magazin der »Süddeutschen Zeitung«. »Wie soll ich dann noch trauern? Ich muss dankbar sein. Ich habe so ein tolles Leben gehabt. Ende.«
Rudi Carrell bilanziert sein Leben. Foto: dpa

Auch seinen schwarzen Humor hat Carrell, Erfinder von Erfolgsshows wie »Am laufenden Band« (ARD) oder »7 Tage - 7 Köpfe« (RTL) nicht verloren. Er wolle auf keinen Fall eine öffentliche Beerdigung - »aus Angst vor den Jacob Sisters«, sagte er. »Mit ihren komischen Pudels zerstören sie doch jede Atmosphäre. Die sind auch bei Moshammer aufgetaucht. Deshalb: Keine öffentliche Beerdigung aus Angst vor den Jacob Sisters.«
Der Holländer Carrell bilanzierte, dass er seiner Wahlheimat Deutschland viel zu verdanken habe. »Wäre ich in Holland geblieben, wäre ich vielleicht Intendant eines Fernsehkanals geworden. Wie langweilig! Deutschland hat mir zehn Mal mehr gegeben, als ich mir je erhofft habe. Ich verdanke diesem wunderbaren Land mein Leben.«
Über den Ausbruch seiner Krankheit sei er nicht überrascht gewesen. »Hätte ich eigentlich schon längst haben müssen«, fuhr Carrell fort. »Ich habe immer fünf Tage vor einer Show so gut wie ohne Essen gearbeitet, nach einer Show Bier getrunken und mindestens 60 Zigaretten am Tag geraucht. Ich wusste: Das geht irgendwann schief.«
Als Höhepunkt seiner Karriere bezeichnete Carrell eine Ausgabe von »Am laufenden Band«, als er 1975 mit vier Kandidaten gegen Muhammad Ali geboxt habe. Ein Tiefpunkt sei gewesen, als er nach München gefahren sei, um mit Heinz Rühmann Stunden lang über einen Auftritt in seiner Show zu verhandeln. »Als der endlich im Studio war, fiel der Ton aus«, berichtete Carrell. »Zwei Minuten lang. Eine Katastrophe.«
Am heutigen Fernsehgeschäft beklagt er, dass es nur noch auf das Image eines Senders ankomme: »Wenn man in der ARD Comedy macht, schaut die Zielgruppe zwischen 14 und 49 Jahren nicht zu. Auch das ZDF versucht krampfhaft, die jungen Zuschauer zu kriegen. Vergeblich.«
Schmerzen spüre er gegenwärtig nicht, sagte Carrell. Angst vorm Tod habe er auch nicht. »Ich hatte früher immer nur Angst vorm Sterben, weil ich dachte, es tut bestimmt wahnsinnig weh.« An ein Leben nach dem Tod glaubt Carrell nicht. »Nein. Dann ist es eben aus. Aber mein Leben war aufregend genug.«

Artikel vom 18.03.2006