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Von Annemargret Ohlig

Bielefelder
Südlicht

In den Rücken gefallen


Es war ein harter, ein überraschender Schlag mitten ins Gesicht der kompletten Sennestädter Bezirksvertretung. Punktgenau gelandet von SPD-Ratsmitgliedern. Mit ihrer Absprache, den Bebauungsplan »Württemberger Allee« zunächst im Umwelt- und Stadtentwicklungsausschuss und anschließend im Rat abzulehnen, fallen die Bielefelder den eigenen Genossen in Sennestadt in den Rücken.
Diese hatten zuvor, mit einer Ausnahme, für das Baugebiet votiert. Zudem lieferten sie der Ratsfraktion eine lange Liste mit Argumenten »Pro Wohnbebauung«. Vergeblich. Das Verhalten der SPD-Ratsfraktion zeigt aber noch mehr: die ganze Nichtachtung, mit der man in der Stadtmitte offensichtlich nicht nur der Einschätzung der eigenen Parteifreunde (?), sondern den mehrheitlichen Beschlüssen aus der Peripherie, aus den Bezirksvertretungen, gegenübersteht.
Beschlüsse, die nicht etwa zentrale Probleme, sondern die ureigensten Bedürfnisse eines Stadtbezirks betreffen. Vor 15 Jahren wäre ein solches Verhalten kaum unvorstellbar gewesen.
Entscheidungen, die im »Stadtbezirksparlament« getroffen wurden, legten die »großen Brüder und Schwestern« im Rat damals nahezu immer als sachkundige Hilfen den anschließenden eigenen Beschlüssen zugrunde. Man ging davon aus, dass Bezirksvertreter am besten wissen müssten, wo und wie im Stadtbezirk der Schuh drückt.
Was der Verwaltungsbereich in den vergangenen Jahren vormachte, ist offensichtlich jetzt in der Politik angekommen. Die Kompetenzen der Bezirksämter sind schon seit längerem immer mehr beschnitten worden - und werden dies auch weiterhin.
Die Kompetenzen der Bezirksvertretungen zählen offensichtlich bei einigen Bielefelder Ratsmitgliedern - denen der SPD - nicht mehr. Sie werden schlicht ignoriert.Das Ergebnis der Ratsfraktionssitzung in dieser Woche ist kaum anders zu interpretieren. Lediglich Brigitte Biermann, Sennestädter SPD-Bezirksvertreterin und Ratsfrau, will sich dem Fraktionszwang nicht unterordnen und pro Bebauungsplan stimmen.
Oder ist die Entscheidung gegen die »Württemberger Allee« doch aus einem anderen Grund getroffen worden - dem der übergeordneten Kungelei? Dann wird es höchste Zeit, dass sich die SPD auf ihre demokratischen Wurzeln besinnt.

Artikel vom 18.03.2006