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Hoffnung in Blau und Gelb

WM-Paten (Folge 6): Ukrainerin Nataliya Ouzounis glaubt an den deutschen Bluff

Von Lars Rohrandt (Text und Foto)
Bielefeld (WB). Wenn es um Fußball geht, schlagen drei Herzen in der Brust von Nataliya Ouzounis: Die Ukrainerin lebt in Deutschland und ist mit einem Griechen verheiratet. »Die Sympathien sind aber gerecht verteilt«, erzählt die 43-Jährige.

In ihrer Heimatstadt Lugansk hat Nataliya Ouzounis ihre bisher einzigen Fußballstadion-Erfahrungen gesammelt. »Mit meinem Vater habe ich mir als Kind Spiele unseres Vereins Zorya angesehen.« Diese Mannschaft sicherte sich 1972 sogar den Titel des Meisters der UdSSR, spielt heute aber nicht mehr in der ersten Liga.
Lugansk, die vom Maschinenbau geprägte 460 000-Einwohner-Stadt, liegt ganz im Osten der Ukraine. Ein bekannter Fußball-Sohn der Industriehochburg ist Viktor Onopko, der sich aber ebenso wie Altstar Oleg Salenko, Torschützenkönig der WM 1994, nach der Unabhängigkeit der Ukraine für die russische Staatsangehörigkeit entschied. In Sachen Weltmeisterschaft ist Nataliya Ouzounis optimistisch: »Wir haben immer gute Fußballer gehabt und jetzt auch eine starke Mannschaft.« Besonders vertraut sie dem Trainer Oleg Blochin, Europas Fußballer des Jahres 1975, und Stürmerstar Andrej Schewtschenko.
Nach einem Studium in der Hauptstadt Kiew arbeitete Nataliya Ouzounis bei einem Wäschehersteller in ihrer Heimatstadt. Hier war sie im Export tätig - bis sie der Liebe wegen vor sechs Jahren nach Bielefeld zog. Nach kürzester Zeit beherrschte sie die deutsche Sprache. »Ohne reden, lesen und verstehen zu können geht es in einem fremden Land einfach nicht.« Mittlerweile traut sie sich auch an mehrere hundert Seiten starke Romane heran. Doch nicht nur Deutschland lernte sie in Bielefeld kennen, sondern auch die griechische Lebensart. Denn ihr Ehemann Georgios stammt aus dem Land des Europameisters.
»Während der Qualifikation hat es bei uns eine kleine Familienkrise gegeben«, erzählt die 43-Jährige. Denn die Ukraine kannte keine Gnade mit Griechenland, siegte zweimal und verhinderte so die WM-Teilnahme der »Rehakles«-Elf. Damals hing die blau-weiße Fahne des südeuropäischen Landes im Wohnzimmer. Im Juni und Juli werde das aber anders sein, kündigt die Ukrainerin an, die sich seinerzeit freute und zugleich mit ihrem Ehemann litt. Gelb und Blau werde im Sommer gehisst. »Hoffentlich kommen wir eine Runde weiter«, wünscht sie sich. »Wer Griechenland zweimal besiegt, kommt auch ins Achtelfinale«, macht Georgios Ouzouniss seiner Ehefrau Mut. Hinter Spanien, aber vor Tunesien und Saudi-Arabien werde die Ukraine nach der Vorrunde liegen.
»Wenn die WM los geht, wird die Ukraine nach Deutschland schauen«, sagt Nataliya Ouzounis. Das junge Land sei fußballbegeistert. Erfolge könnten dem ganzen Land neuen Schwung geben. »Das ist ein bisschen wie in Deutschland.«
Besonders freuen würde sich Nataliya Ouzounis, wenn ihr Sohn Valerij - der 21-Jährige studiert in Lugansk -Êwährend der Weltmeisterschaft in Deutschland sein könnte. Falls die beiden dann keine Erfolge ihres Heimatlandes bejubeln können, sollte zumindest Deutschland gut abschneiden. »Zurzeit ist die Klinsmann-Elf ja nicht sonderlich gut drauf«, meint die Ukrainerin und vermutet, dass das vielleicht nur Taktik sei. Wenn es richtig los geht, würden Ballack, Kahn und Co. dann zeigen, was sie wirklich drauf haben.

Artikel vom 21.03.2006