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Schüler helfen
Gewaltopfer

Gerichtsverfahren wegen Nötigung

Steinhagen/Halle (fn). Ein ganz dickes Lob von Richter und Amtsanwältin gab es Freitag für vier Schüler vor dem Haller Amtsgericht. »Gott sei dank gibt es auch noch Leute, die nicht nur zuschauen, sondern auch die Polizei rufen«, sagte Birgit Korn.

Denn weil den zwölf- und dreizehnjährigen Jungen am Abend des 15. November an der Woerdener Straße auffiel, wie eine Frau gegen ihren Willen von einem Mann mitgeschleppt wurde, alarmierten sie die Polizei. Der 43-jährige Steinhagener musste sich nun wegen Nötigung und Körperverletzung verantworten.
»Ich bin kein Gewalttäter«, sagte Helmut G. auf die Vorhaltungen von Richter Peeter-Wilhelm Pöld. Er habe seine Freundin vielmehr davor bewahren wollen, in angetrunkenem Zustand nach Bielefeld zu fahren und in zwielichtige Kreise zu geraten. Demnach wollte er mit seiner Freundin an diesem Tag in ihren Geburtstag hineinfeiern. Nach mehreren Gläsern Bier in einem Imbiss in Steinhagen, waren beide dann mit dem Bus nach Bielefeld gefahren. Der erwartete Bekannte war dort am Bahnhof allerdings nicht zusehen. Daraufhin wollte die Freundin aber nicht wieder mit Helmut G. zurück nach Steinhagen. Er bugsierte sie dennoch in ein Taxi zurück zum Steinhagener Omnisbusbahnhof.
»Ich habe das gemacht, weil ich Angst um sie hatte, ich wollte sie nicht in irgendwelche Bielefelder Spelunken lassen«, sagte Helmut G. vor Gericht. Er gab zu, die Freundin gegen ihren Willen in Richtung seiner Wohnung gezerrt zu haben, geschlagen habe er sie aber nicht. »Spielen Sie sich mal nicht als barmherziger Samariter auf«, entgegnete Amtsanwältin Birgit Korn als Vertreterin der Staatsanwaltschaft. Immerhin habe es Zeugen gegeben, die beobachtet hätten, wie er das Opfer gegen 18.20 Uhr an der Woerdener Straße entlang bis in Höhe des Baumarktes gezerrt haben. Dabei soll er sie auch mehrmals geohrfeigt und zu Boden gestoßen haben. Die Freundin habe sich gewehrt und gerufen, er solle sie loslassen.
Die Polizistin, die sich vor Ort um die Freundin kümmerte, berichtete von einer in Tränen aufgelösten Frau, die offenkundig Angst vor Helmut G. gehabt habe. Auf die Frage, ob sie geschlagen worden sei, habe sie spontan mit dem Kopf genickt. Allerdings rechnete das Gericht nicht damit, dass die Frau diese Aussage noch einmal wiederholen würde, da sie weiter mit Helmut G. zusammen sei. Ein Verfahren wegen Meineds könnte sie - das eigentliche Opfer -Êdann für ein Jahr hinter Gitter bringen. Auch die vier Kinder wollte Richter Pöld nach Möglichkeit von einer Zeugenaussage verschonen. Am Ende lautete das Urteil für den schon einmal wegen eines schweren Raubes fünf Jahre inhaftierten Angeklagten auf Nötigung und 450 Euro Geldstrafe.

Artikel vom 18.03.2006