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Team schlägt Einzelkämpfer

DVV-Pokal-Finale: VfB Friedrichshafen gewinnt sechsten Pokal in Folge

Von Oliver Kreth
Halle (WB). Sie hatten so auf das berühmt-berüchtigte Pokalgesetz gehofft. Vergeblich. Im Finale des Deutschen Volleyball-Verbandes (DVV) setzte sich gestern bei den Männer der haushohe Favorit durch.

Der sechsmalige deutsche Meister VfB Friedrichshafen hat mit seinem achten Erfolg im Pokalwettbewerb seine Ausnahmestellung im deutschen Männer-Volleyball unterstrichen. Das Team von Stelian Moculescu siegte vor der Rekordkulisse von 11 110 Zuschauern im Gerry-Weber-Stadion 3:0 (29:27, 25:16, 25:13) über den Moerser SC und schaffte damit seit 2001 schon den sechsten Pokaltriumph hintereinander.
Der große Vorteil des Teams vom Bodensee: Sie waren deutlich ausgeglichener als die Mannschaft aus Moers. Die wehrten sich vor allem im ersten Durchgang tapfer. Moers zeigte gegenüber den beiden 0:3-Pleiten in der Liga eine deutliche Steigerung und hatte im 21-jährigen Ungarn Georg Grozer junior seinen besten Spieler. Aber der zeigte auch, dass er noch kein »alter Hase« ist. Denn wie seine Konkurrenten beeindruckte ihn die außergewöhnliche Kulisse. Viele Aufgaben landeten zu Beginn von Durchgang eins im Netz oder im Aus. Grozer: »Sicher waren wir am Anfang ein bisschen nervös. Aber wir mussten Friedrichshafen auch unter Druck setzen. Mit einfachen Bällen kann man gegen so eine Mannschaft nicht gewinnen.«
Den spannenden ersten Durchgang hielt Moers nach seiner 16:15-Führung lange offen, obwohl Friedrichshafen nach vier Assen von Nationalspieler Jochen Schöps (»Es war ungewöhnlich, beim Aufschlag in den Himmel zu gucken. Das gibt's sonst nur beim Beachvolleyball«) auf 22:18 wegzog und beim Stand von 24:21 drei Satzbälle hatte. Der Außenseiter wehrte aber sechs Satzbälle ab, ehe der Favorit das 1:0 schaffte.
Nachdem der Bundesliga-Achte Moers, in der abgelaufenen Saison immerhin Dritter, zu Beginn des zweiten Satzes 3:0 führte, bekam der Pokalsieger Einzelkämpfer Grozer junior, der an Dynamik verlor, mit Dreierblocks immer besser in den Griff und zog uneinholbar auf 22:14 davon. Grozer: »Auf einmal hat bei uns nichts mehr geklappt. Annahme und Aufschlag haben nicht funktioniert. Dann ging auch die Stimmung runter.« Davon profitierte der Favorit im dritten Satz, Moers ergab sich fast ohne Gegenwehr. Dennoch ist Grozer nicht traurig: »Die Silbermedaille ist für uns wie Gold. Wir haben das Maximum gegeben. Ich kann mit dem zweiten Platz gut leben.«
Zufrieden war auch VfB-Coach und Bundestrainer Stelian Moculescu: »Meine Mannschaft hat seit Wochen gehört, dass sie schon gewonnen hat. Das ist nicht einfach, dann Spannung aufzubauen. Georg war überragend im 1. Satz. Danach haben wir uns auch mit abnehmender Nervosität besser organisiert und eine überragende Angriffsleistung gezeigt.« Und Jochen Schöps war nicht nur wegen des Sieges glücklich: »Ein absolut irres Gefühl, vor mehr als 11 000 Zuschauern zu spielen. Ich dachte, ich komme in ein Fußball-Stadion.«
Deshalb wollen Werner von Moltke, DVV-Präsident, und die Chefs der Deutschen Volleyballliga auch 2007 und 2008 die Pokalfinals in Halle spielen lassen. Von Moltke: »Es war eine gute Entscheidung, nach Halle zu gehen. Wir haben Mut bewiesen, und der ist belohnt worden. Auch Dank des professionellen Umfeldes hier in Halle. Wir würden gerne wieder kommen.« Positiv überrascht war auch Event-Manager Ralf Weber: »Wir hatten mehr Zuschauer als beim Handball, mehr als beim Daviscup. Damit hätte ich nicht gerechnet.«

Artikel vom 20.03.2006