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»Freude über Erlösung vom unteren Übel«

Nächtliche Befreiungsfeier auf der Lohe


Es ist ein etwas merkwürdiger Artikel, der da am 3. April 1926 im ANZEIGER UND TAGEBLATT erschienen ist. Beim Lesen wird einem nicht nur ins Bewusstsein gerufen, wie sehr sich die Zeitungssprache in den vergangenen 80 Jahren geändert hat. Der Text gibt auch einen Eindruck davon, wie emotionsgeladen die Debatte um die Selbstständigkeit der Lohe geführt worden sein muss:
»Lohe. In der heutigen Nacht fand auf den Höhen der Lohe eine erhebende Befreiungsfeier statt; die Freude über die seit Jahren ersehnte Selbstständigkeit und die Erlösung von dem unteren Übel kannte keine Grenzen. Punkt 12 Uhr ließ das Glockenspiel vom Dom seine eherne Stimme erschallen, während sich ein unübersehbar langer Fackelzug unter Vorantritt vieler Kapellen, unter denen sich besonders die freiwillige Feuerwehr durch einen kraftstrotzenden Paukenschläger und der Posaunenchor mit einem furchtbar schmetternden Tenor hervortaten, zum Hause des neu erwählten Dorfkönigs bewegte.«
Der Wunsch der Loher nach Selbstständigkeit war offenbar schon lang gehegt worden. Recherchen des früheren Stadtheimatpflegers Gerhard Bartling zufolge hatte der Rehmer Amtmann Bastert im Jahre 1908 dem Landrat von Minden berichtet, wie sehr die Loher doch von den Bruchern loskommen wollten. »Bestanden hat der Gegensatz zwischen dem unteren Teile (Bruch) und dem oberen Teile (Lohe) der Gemeinde Niederbecksen schon, so lange ich im Amte bin. Die Loher glauben sich weit besser zu stehen, wenn sie mit den Bruchern nichts mehr zu tun haben!« Umgekehrt werde das genauso gesehen: »Im Grunde genommen sind sämtliche Brucher für den Anschluss an Oeynhausen«, vermeldete Amtmann Bastert. Dennoch sollte die Frage der Eingemeindung noch fast zwei Jahrzehnte unbeantwortet bleiben. Erst 1926 kam Niederbecksen-Bruch zur Kurstadt und wurde ab 1927 Bad Oeynhausen-Süd genannt. tho

Artikel vom 18.03.2006