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Storck: 200 Arbeitsplätze in Gefahr

Süßwarenhersteller kämpft mit prominenter Unterstützung gegen EU-Richtlinie

Von André Best
Halle (WB). Eine neue Lebensmittel-Richtlinie könnte schwerwiegende Folgen für den Haller Süßwarenhersteller Storck haben. Konkret bedroht ist Deutschlands größte Bonbonmarke »Nimm 2« und somit 200 Arbeitsplätze in Halle. Der »süße Riese« wehrt sich mit prominenter Unterstützung gegen den EU-Plan.

Seit zwei Jahren sorgen die Pläne nun schon für Angst und Schrecken im Hause Storck. Namhafte Politiker wie Wolfgang Clement und Elmar Brok waren bereits zu Gast und sicherten ihre Unterstützung zu. In der entscheidenden Phase folgte nun NRW-Wirtschaftsministerin Christa Thoben der Einladung von Storck.
Jedes Kind kennt den Werbeslogan »Nimm 2 - Vitamine und Naschen«. Damit müsste nach der neuen Lebensmittel-Richtlinie der Europäischen Kommission in Brüssel bald Schluss sein. Denn: Bei gesundheitsbezogenen Angaben auf Lebensmitteln will die EU-Kommission ein europaweit strengeres Reglement durchsetzen, will so Verbraucher besser schützen. Alle in der EU hergestellten Lebensmittel sollen bei Werbeaussagen den gleichen, strengen Qualitätskriterien unterliegen.
Der Vorschlag der EU-Kommission sieht vor, dass Lebensmittel einem so genannten Nährwertprofil hinsichtlich ihres Zucker-, Salz- und Fettgehalts entsprechen müssen, bevor Unternehmen Aussagen über Nährwert- und Gesundheitsnutzen treffen dürfen.
Die Folgen für Storck wären verheerend. Das Produkt »Nimm 2«, das es seit mehr als 40 Jahren gibt, stellt einen wirtschaftlichen Wert im dreistelligen Millionen-Euro-Bereich dar. Arbeitsplätze wären akut gefährdet. »Wir könnten uns in Halle nicht weiterentwickeln und auch keine Arbeitsplätze mehr schaffen. Das schneidet uns jegliche Entwicklung hier ab«, sagte Unternehmenssprecher Dr. Bernd Rößler. Er bezeichnete die Pläne als populistischen Verbraucherschutz, den keiner braucht.
Besonders bitter träfe die neue Richtlinie Storck auch im Hinblick auf die Produkteinführung von »nimm 2«-Soft, die für Mai dieses Jahres in Deutschland geplant ist. Storck hat bereits einen zweistelligen Millionenbetrag in eine neue Produktionshalle investiert. Neue Mitarbeiter könnten eingestellt werden. Das Softbonbon schaffte es in Rankings spontan auf Platz 2. Den ersten Platz nimmt übrigens die »normale Version« von »Nimm 2« ein.
NRW-Wirtschaftsministerin Christa Thoben, die am Freitag bei Storck zu Gast war und auf politischer Ebene helfen will, kritisierte die EU-Kommission: »Ich weiß nicht, warum die sich so etwas ausgedacht haben. Es nimmt keiner einen Schaden daran.« Thoben versprach Hilfe.
Storck selbst ist nicht grundsätzlich gegen die neue Verordnung. Das Unternehmen begrüßt ausdrücklich den Willen, gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle zu schaffen. Ein Kompromiss, den Storck anbietet, könnte sein, dass der Süßwarenhersteller künftig noch detailliertere Angaben zu seinen Produkten auf den Verpackungen macht (zum Beispiel Zuckergehalt pro Bonbontüte).
Mit einer endgültigen Entscheidung ist im Mai dieses Jahres zu rechnen.

Artikel vom 18.03.2006